Kristina Schröder (CDU) spricht sich für die Gleichbehandlung von Lebenspartnerschaften beim Steuersplitting aus. CSU und Bischöfe protestieren.

Hamburg/Berlin. Um den Wahnsinn des deutschen Steuerrechts plastisch zu machen, braucht man nicht mehr als eine Currywurst. Denn die Wurst, frisch gebraten, ist dem Finanzbeamten und seinem Chef Wolfgang Schäuble (CDU) nicht gleich Wurst. Wird sie direkt am Imbissstand verzehrt, der dem Kunden nur eine Ablage als Verzehrfläche bietet, werden sieben Prozent Mehrwertsteuer fällig - der ermäßigte Satz. Gibt es Tische, fallen 19 Prozent an. Gehören die Tische aber dem benachbarten Waffelstand, bleibt es bei sieben Prozent. Ähnlich kompliziert, nur noch ausführlicher geregelt ist die Besteuerung und sonstige Behandlung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern in Deutschland.

Hier fährt der Zug mit allerlei Grundsatzurteilen im Gepäcknetz seit Jahren in Richtung Gleichstellung. Gerade erst hat das Bundesverfassungsgericht gerügt, dass Lebenspartner im Beamtenrecht zum Teil den Ehegatten gegenüber benachteiligt wurden. Das war der letzte Stein des Anstoßes für 13 Abgeordnete der CDU-Bundestagsfraktion, sich für eine schnelle steuerliche Gleichstellung von eingetragenen Partnerschaften einzusetzen. Es sei nicht akzeptabel, "dass der Politik immer wieder und absehbar vom Bundesverfassungsgericht vorgeschrieben werden muss, diese Ungleichbehandlung abzuschaffen", heißt es in dem Aufruf, den unter anderen Fraktions-Vize Ingrid Fischbach, der Gesundheitspolitiker Jens Spahn, aber auch die Hamburger Abgeordneten Marcus Weinberg und Jürgen Klimke unterschrieben haben.

Die forschen 13 haben aber noch mehr Unterstützer. Ihr Hamburger Fraktionskollege Rüdiger Kruse sagte dem Abendblatt, er unterstütze das Anliegen: "Gleiche Pflichten, gleiche Rechte - die Unionspolitik geht sukzessive in diese Richtung. Das muss man ganz unaufgeregt sehen. Das Leben ist heute bunter." Die Politik müsse alle "Begünstigungsinstrumente" auf den Prüfstand stellen. In dem Aufruf der Abgeordneten heißt es, Lebenspartner trügen wie Ehegatten die gegenseitigen Unterhalts- und Einstandspflichten füreinander. "Insofern ist das Steuersplitting auch für Lebenspartnerschaften nur konsequent." Nach der Sommerpause soll das Thema diskutiert werden.

+++CDU: Homo-Ehe im Steuerrecht gleichbehandeln +++

Hamburgs CDU-Chef Weinberg ergänzte: "Wenn das Gehalt in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft bei der möglichen Berechnung von Arbeitslosengeld 2 berücksichtigt wird, so muss auch im Umkehrschluss für dieses Gehalt steuerliche Anerkennung gelten." Das sehen nicht alle in der Unionsfraktion so: Die CSU-Landesgruppe äußert Bedenken gegen die steuerliche Gleichstellung lesbischer und schwuler Partnerschaften. Sie sei "äußerst skeptisch, wenn es darum geht, Ehe und homosexuelle Lebenspartnerschaften steuerlich gleichzustellen", sagte Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Die Ehe zwischen Mann und Frau stehe unter besonderem Schutz.

Durch das Ehegattensplitting wird die Steuerbelastung von Eheleuten gesenkt. Die Einkünfte beider Partner werden addiert und gleichmäßig verteilt. Dem Bundesverfassungsgericht liegen einige Verfahren zur Frage des Ehegattensplittings für eingetragene Lebenspartnerschaften vor. Der Finanzminister ließ mitteilen, es gebe zurzeit keinen Bedarf, homosexuelle Lebenspartnerschaften im Steuerrecht der Ehe gleichzustellen. Schäuble, das geht aus einer Anfrage der Grünen an die Bundesregierung hervor, glaubt, dass das Bundesverfassungsgericht Unterschiede zwischen Eheleuten und Lebenspartnern zulässt.

+++ Die Homo-Ehe im Recht +++

Seine Kabinettskollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Justiz; FDP) sieht dagegen eine klare Linie des Gerichts. FDP-Chef und Wirtschaftsminister Philipp Rösler unterstützt gleichfalls die Forderung von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) nach einer steuerrechtlichen Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) spricht sich für eine Gleichstellung aus.

Sein früherer Hamburger Amtskollege Ole von Beust (CDU) sagte dem Abendblatt: "Warum werden kinderlose Ehen steuerlich privilegiert? Weil mit der Ehe die Partner ihre feste Bindung dokumentieren wollen, gegenseitig Verantwortung füreinander zu übernehmen, auch finanziell, und damit stabile Strukturen stärken und die Gesellschaft entlasten. Das ist vernünftig und nebenbei auch sehr ,bürgerlich'. Aus welchem Grund soll das nicht auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften gelten?" Von Beust hatte in seiner Amtszeit (2001 bis 2010) mit seiner Politik für eine liberale, großstädtische CDU gestanden.

Die Deutsche Bischofskonferenz hat den Vorstoß der CDU-Abgeordneten scharf kritisiert. "Die katholische Kirche kann die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit dem Bund der Ehe von Mann und Frau grundsätzlich nicht gutheißen", sagte Sprecher Matthias Kopp der "Passauer Neuen Presse". Die Lebensform der Ehe stehe unter dem besonderen Schutz von Staat und Kirche.

In der Grünen-Anfrage an die Bundesregierung sind weitere Ungereimtheiten in der Behandlung von Ehegatten und Lebenspartnern genannt. Sie beziehen sich unter anderem auf Krankenkassen, Regelungen zur Heimarbeit und sogar das Sprengstoffgesetz. Dabei geht es um Berechtigungen zum Verkauf von explosivem Material, die auf einen Ehepartner übergehen können.

Der Hamburger SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs drängt nun die Bundesregierung, lesbische und schwule Lebenspartnerschaften rechtlich völlig mit der Ehe gleichzustellen. Die Blockadehaltung sei auf Dauer "rechtlich und moralisch unhaltbar", sagte Kahrs.