Der Vorstoß der CDU-Abgeordneten nimmt Rücksicht auf das Verfassungsgericht

Die CDU sieht sich gern als konservative Kraft. Als eine Partei, für die christliche Werte und Lebensideale noch zählen. Und als breit aufgestellte Volkspartei, die sich nur sehr begrenzt erlauben kann, die "Stimme des Volkes" zu überhören. Wie passt das alles zur aktuellen Forderung von Familienministerin Kristina Schröder und 13 weiterer CDU-Bundestagsabgeordneter? Denn diese wollen homosexuelle Lebenspartnerschaften auf eine Stufe mit der Ehe stellen. Lange Zeit galt das als großes Tabuthema in der Union.

Die überraschende Forderung ist nicht das Ergebnis einer frischen Zeitgeistbrise, sondern vielmehr das Resultat einer höchst nüchternen Betrachtung der Parlamentarier. Denn die vom Bundesverfassungsgericht bisher vorgegebene Linie lässt eine Ausgrenzung standesamtlich abgesegneter Partnerschaften - nur weil die Betroffenen gleichgeschlechtlich sind - kaum noch zu.

Die Karlsruher Richter, die Regierung und Parlament immer eindringlicher unser Grundgesetz vorhalten müssen, haben gerade erst die Ungleichbehandlung der Homo-Ehe beim Familienzuschlag für Beamte, Richter und Soldaten gekippt. Statt sich wehrlos dem nächsten Rüffel der Verfassungsrichter auszuliefern, halten es einige Abgeordnete für klüger, "nun auch die steuerliche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften als unsere eigene politische Entscheidung" hinzustellen, wie sie in ihrem Papier formuliert haben.

Das erklärt auch die abwartende Haltung und damit eher untypische Reaktion der CSU, die sonst bei jedem tatsächlichen oder vermeintlichen Angriff gegen den besonderen Schutz der Ehe von Mann und Frau gern bisswütig den Part der Verteidiger übernimmt.

Es wäre allerdings fatal, wenn hinter dem bemerkenswerten Vorstoß der CDU-Politiker nur ein rein taktisches Manöver stünde oder die plötzliche Eingebung, homosexuelle Partner lebten schließlich konservative Werte. Denn das Reizthema Homo-Ehe offenbart nur gravierende Versäumnisse in unserem sowieso zu komplizierten Finanz- und Steuerrecht. Das hätte längst angepasst werden müssen, seit vor elf Jahren Mann und Mann oder Frau und Frau ihr Verhältnis als "Lebenspartnerschaft" vor dem Standesamt besiegeln können. Der Gesetzestext, nach dem sie "füreinander Verantwortung" tragen, beinhaltet viele Pflichten - etwa beim gegenseitigen Unterhalt. Im Gegenzug darf ihnen niemand die Rechte vorenthalten.

Wer dagegen argumentiert, hat meist den Schutz der klassischen Familie mit Vater, Mutter, Kind vor Augen. In der Tat haben die heute noch gültigen Steuergesetze vor ein bis zwei Generationen mehrheitlich die Familie geschützt. Denn eine Heirat bedeutete in den ersten Nachkriegsjahrzehnten im Normalfall: Bald werden Kinder geboren, und wahrscheinlich verdient der Vater für alle.

Doch mit der Änderung der Lebensverhältnisse und dem spürbaren Rückgang der Geburten schützt das Steuerrecht heute mehr die Ehe als die Familie. Deswegen werden immer wieder Forderungen laut, den Steuervorteil für Eheleute, das Ehegattensplitting, ganz abzuschaffen. Das wäre ein Privileg weniger, vor allem für jene Partnerschaften mit einem Verdiener. Aber würde der Staat dann auch die Pflicht zum Unterhalt für den Nichtverdienenden abschaffen? Wohl kaum. Rechte und Pflichten müssen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.

Das Bundesverfassungsgericht hat das schon 1958 erkannt. Damals bemängelten die Richter die Benachteiligung von Ehepaaren bei der Besteuerung. Der Bundestag reagierte schnell und beschloss in einer Steuerreform - das Ehegattensplitting.