Was treibt einen Menschen dazu, ein Blutbad anzurichten? Was muss in seinem Kopf vorgehen? Diese Frage stellt sich derzeit wohl ganz Deutschland. Tim K. tötete bei seinem Amoklauf 15 Menschen, dann beging er Selbstmord. Inzwischen ist klar: Der Jugendliche schien psychisch krank gewesen zu sein, er wurde wegen seinen Depressionen in der Klinik behandelt.

Winnenden. Tim K. soll ein unauffälliger und freundlicher Jugendlicher gewesen sein, auf viele wirkte er verschlossen. Ein Blick hinter die Fassade macht schnell deutlich, dass der 17-Jährige einsam und verzweifelt war. Er galt als depressiver Waffennarr, der in Wirklichkeit nicht nur eiskalt, sondern auch psychisch krank gewesen sein soll. Er musste mehrere Male wegen seiner Depressionen behandelt werden. Eine geplante ambulante Behandlung trat der 17-Jährige jedoch gar nicht erst an. Seine wohlhabenden Eltern wussten von seiner Krankheit - trauten ihrem behüteten Sohn eine solche Tat nach Polizeiangaben aber nicht zu.

Sein Vater war sein Idol. Genau wie er, war er ein geübter Sportschütze, der seinen Vater, ein mittelständischer Unternehmer und Mitglied im Schützenverein, oft zu Schießübungen begleitete. In seinem Zimmer bewahrte der Schüler zudem mehrere Luftwaffen auf. "Manchmal auf dem Spielplatz hat er mit anderen aus der Klasse oder aus der Umgebung aufeinander geschossen", sagt Mario H., ein ehemaliger Mitschüler des 17-Jährigen dem Radiosender Hit-Radio Antenne. Im Keller soll der Vater von Tim K. einen Schießübungsraum eingerichtet haben. Gegen ihn wird inzwischen wegen Vernächlässigung der Aufsichtspflicht ermittelt.

Zudem war Tim K. leidenschaftlicher Tischtennisspieler und machte seit etwa drei Jahren Kampfsport. Er hatte einige wenige freundschaftliche Kontakte und schwärmte eine Zeit lang für ein Mädchen aus der Nachbarschaft. Alles deutet auf einen normalen Teenager hin. "Bei dem hat man nichts Schlimmes gemerkt", sagt ein Jugendlicher aus dem Heimatort des Täters Leutenbach-Weiler zum Stein. Tim K. sei zwar immer wieder von Gleichaltrigen geärgert worden, habe das aber runtergeschluckt, fügt der Jugendliche hinzu.

Zuhause saß Tim K. die meiste Zeit vor dem Computer und beschäftigte sich mit Killer- und Jagd-Spielen. Auf seinem Rechner entdeckte die Polizei das Spiel Counterstrike - und auch einige Pornobilder. "Er wurde einfach von niemandem akzeptiert, saß den ganzen Tag eigentlich nur daheim vor dem Computer", sagt auch Mario H..

In einem Internet-Chat kündigte Tim K. seine grausame Tat kaltblütig an. Doch dabei wird auch seine Verzweiflung deutlich: "Ich habe dieses Lotterleben satt. Immer dasselbe. Alle lachen mich aus. Niemand erkennt mein Potenzial. Ich meine es ernst. Ich habe eine Waffe."

Kultusminister Helmut Rau (CDU) vermutet, dass der 17-Jährige "eine doppelte Identität" hatte - "dabei ist die zweite verborgen geblieben." Tim K. sei "lernschwach", aber an der Schule nie auffällig gewesen. Er hatte im vergangenen Sommer seinen Abschluss an der Schule gemacht und war dann auf einem kaufmännischen Berufskolleg in Waiblingen gewesen. Seine Noten waren mehr oder weniger durchschnittlich.