Die traumatisierten Schüler der Albertville- Realschule in Winnenden können das dramatische Geschehen bei Bedarf in Norddeutschland aufarbeiten. Ein entsprechendes Angebot hat Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsminister Henry Tesch (CDU) seinem Amtskollegen in Baden-Württemberg, Helmut Rau (CDU), gemacht.

Die traumatisierten Schüler der Albertville- Realschule in Winnenden können das dramatische Geschehen bei Bedarf in Norddeutschland aufarbeiten. Ein entsprechendes Angebot hat Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsminister Henry Tesch (CDU) seinem Amtskollegen in Baden-Württemberg, Helmut Rau (CDU), gemacht. Das sagte ein Ministeriumssprecher in Schwerin. Es könne hilfreich sein, den Amoklauf an einem anderen Ort aufzuarbeiten. Der Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern habe dafür Unterstützung signalisiert.

Die Albertville-Realschule in Winnenden bleibt nach dem Amoklauf bis auf weiteres geschlossen. Der Unterricht soll von Montag an in umliegenden Schulen oder in Räumen anderer öffentlicher Gebäude stattfinden, sagte der stellvertretende Schulamtsleiter Wulf Bonitz in Backnang. "Wir müssen versuchen, wieder zur Normalität zu finden, obwohl es in Winnenden nie mehr Normalität geben wird."

Die Schulleiter der anderen Grund-, Haupt- und Realschulen im Umkreis dürften selbst entscheiden, ob sie den Unterricht am Montag wieder aufnehmen. "Wir haben aber von allen die Rückmeldung, dass der Unterricht stattfindet", sagte Bonitz.

Unterdessen registriert die Polizei seit dem Amoklauf von Winnenden eine Flut von Trittbrettfahrern, die mit ähnlichen Taten an Schulen drohen. Fünf Monate hinter Gitter muss ein 22-jähriger Auszubildender aus Halberstadt (Sachsen-Anhalt). Er war kurz nach Androhung einer Bluttat in einer Berufsschule verurteilt worden. Der 22-Jährige hatte über den Polizeinotruf mit einem Amoklauf an seiner Berufsschule ähnlich wie in Winnenden gedroht. Das Motiv laut Polizei: Der Verurteilte habe auf einen freien Schultag gehofft.

Gegen einen 20-Jährigen aus Esslingen wurde Haftbefehl erlassen. Er hatte im Internet einen Amoklauf an einer Grund- und Hauptschule angekündigt.

Ausgerechnet in Wendlingen (Kreis Esslingen), wo beim Amoklauf am Mittwoch zwei der insgesamt 16 Opfer erschossen wurden, nahm die Polizei während des Unterrichts einen 15-Jährigen fest. Er gab zu, mit roter Kreide eine Amok-Drohung auf dem Hof einer Realschule geschrieben zu haben.

In Kippenheim (Ortenaukreis) ging der Polizei ein 16 Jahre alter Jugendlicher ins Netz. Der ehemalige Schüler hatte in der Nacht zum Freitag in einem Internet-Chatroom angekündigt: "Ich mach Amoklauf morgen in Kippenheim auf die Schule - ich mach euch alle kaputt." Er besitzt nach Angaben der Polizei "ein gewisses Gewaltpotenzial" und soll dem Haftrichter vorgeführt werden.

Die Grund-, Haupt- und Werkrealschule Achern (Ortenaukreis) wurde am Vormittag von der Polizei abgeriegelt, nachdem ein 19-Jähriger im Gespräch mit einer Schülerin mit einem Amoklauf gedroht hatte. Der junge Mann, der die Acherner Schule selbst nicht besuchte, wurde ebenfalls festgenommen. Er hatte keine Waffen bei sich.

Nahe Heilbronn ist eine Realschule nach einer Amoklauf-Drohung in einem Internet-Chatroom geschlossen worden. Bei der Durchsuchung des Gebäudes in Ilsfeld sei aber nichts gefunden worden, so ein Sprecher der Polizei.

In Regensburg nahm die Polizei einen 15-Jährigen nach einer Morddrohung fest. Der Junge habe gegenüber früheren Mitschülern angekündigt, er werde in seine ehemalige Schule gehen und jemanden töten, sagte eine Polizeisprecherin, er habe nichts mehr zu verlieren. Die Kinder erzählten dies dem Rektor der betroffenen Schule, der die Polizei informierte. Nach mehrstündiger Fahndung wurde der 15-Jährige festgenommen.

Auch in Berlin wurde ein 13-jähriger Schüler am Donnerstag nach einer Androhung von Straftaten in einer Oberschule zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus gebracht. Während des Unterrichtes hatte es in einer Klasse eine Gesprächsrunde zu dem Amoklauf in Winnenden gegeben, wie die Polizei mitteilte. Der 13-Jährige, der in einem Heim lebt, drohte daraufhin im Beisein der Lehrerin ein gleichartiges Handeln an, sollte er Berlin aufgrund eines geplanten Heimwechsels wirklich verlassen müssen. Die Lehrerin benachrichtigte den Schulleiter, dieser die Polizei.

In Schortens wurde eine Hauptschule geräumt, nachdem eine 14-jährige Schülerin der in einem Chatroom eine Amokdrohung für die Schule gelesen hatte.

Selbst im Ausland findet das Morden von Winnenden potentielle Nachahmer: In Frankreich hat sich ein Trittbrettfahrer im Internet einen schlechten Scherz erlaubt. Der 18-Jährige drohte damit, ein Blutbad in einer Schule in Le Raincy bei Paris anzurichten. "In Le Raincy wird Blut fließen, ich habe Waffen", schrieb er. Nach einem Hinweis des Internetbetreibers wurde der Mann festgenommen. Er gab laut Polizei an, "aus Spaß" gehandelt zu haben. In seiner Wohnung wurden keinerlei Waffen gefunden. Ihm drohen nach französischem Recht bis zu zwei Jahre Gefängnis und 30.000 Euro Geldstrafe.

Laut der Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charite Berlin, Isabella Heuser, wird es noch weitere Nachahmer geben. Sie sagte im TV-Sender Phoenix: "Ich glaube, dass wir das heute nicht das letzte Mal gesehen haben. Ich glaube nicht, dass es dieses Phänomen ab heute nicht mehr gibt. Da können wir uns noch so anstrengen und noch so wohlmeinende Vorschläge von Frau von der Leyen bekommen."

Trittbrettfahrer, die Drohanrufe oder Amok-Ankündigungen aus Spaß machen, riskieren viel. "Das ganze ist kein Spaß und die Konsequenzen sind bitterernst", sagte Oberstaatsanwalt Stefan Wirz, Sprecher des baden-württembergischen Justizministeriums. Ein Trittbrettfahrer müsse mit empfindlichen Strafen rechnen. "Diese gehen bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe." Außerdem könnten in solchen Fällen "erhebliche Schadenersatzforderungen" auf den Täter zukommen, sagte Wirz. "Der Polizeieinsatz und die Evakuierungskosten können sehr teuer werden und dann ist der Täter oft ein Leben lang damit beschäftigt, seine Schulden abzustottern."