Wer im Ausland entführt wird, hat die Kosten für die Befreiung selbst zu tragen. Eine Ex-Geisel muss jetzt 12 640 Euro für einen Hubschrauberflug zahlen.

Leipzig. Wer als Deutscher im Ausland entführt wird, muss die Kosten für die Befreiung grundsätzlich selbst zahlen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden (Az.: BVwerG 7 C 13.08). Das Gericht wies die Klage von Reinhilt Weigel (36) ab, die 2003 nach zehn Wochen in der Gewalt kolumbianischer Rebellen freigekommen war. Die Bundesrepublik hatte von Weigel 12 640,05 Euro für einen Hubschrauberflug aus dem Rebellengebiet in die Hauptstadt Bogotá verlangt. Das Konsulargesetz sei auch in solchen Extremfällen eine ausreichende Grundlage für finanzielle Rückforderungen, entschied der 7. Senat des Gerichts.

Weigel reagierte enttäuscht auf den Urteilsspruch. Sie wisse nicht, wie sie das Geld aufbringen solle. „Ich arbeite, ich verdiene – aber ich bin kein Krösus“, sagte Weigel, die inzwischen in Chamonix (Frankreich) lebt. „Mein Leben ist für die nächsten Jahre ruiniert.“ Wegen Rückenproblemen, die sie seit ihrer Geiselhaft plagten, könne sie nur Teilzeit als Physiotherapeutin arbeiten. Kläger-Anwalt Josef H. Mayer hatte bezweifelt, dass das Konsulargesetz, speziell Paragraf 5, auch für Entführungsfälle gilt. Es sei lediglich gedacht für Deutsche, denen im Ausland aus der Patsche geholfen werden muss, weil ihnen zum Beispiel, Geld, Pass und Flugticket gestohlen wurden. Der Vertreter des Auswärtigen Amtes, Benjamin Beckmann sagte in der mündlichen Verhandlung: „Der Gesetzgeber hat klar gesagt: Ist eine Notlage da, muss geholfen werden. Egal, wie diese Notlage zustande gekommen ist.“ Dem folgten die obersten deutschen Verwaltungsrichter. Geiselhaft sei eindeutig eine Notlage.

Bei der Festlegung, welchen Anteil der Befreiungskosten ehemalige Geiseln nach ihrer Rückkehr nach Deutschland erstatten müssen, hätten die Behörden eigentlich keinen Ermessensspielraum, erklärte der Vorsitzende Richter Wolfgang Sailer. Das Auswärtige Amt verfolgt nach eigenen Angaben die Linie, nur Kosten zu verlangen, die den Geiseln unmittelbar zugutegekommen sind. „Dann müssten Sie wahrscheinlich auch die von Ihnen nie gezahlten Lösegelder zurückfordern“, sagte Sailer daraufhin zum Vertreter des Auswärtigen Amtes. Das war mehr oder minder ironisch gemeint, denn dass Lösegelder gezahlt werden, ist in der Diplomatie ein Tabu. Die Höhe der Rückforderungen, so das Gericht, ergebe aus dem verfassungsmäßig verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Im Klartext: Es muss im Einzelfall anhand der persönlichen Lebensumstände geprüft werden, welche Forderungen an Ex-Geiseln angemessen sind.