Über die Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen in Deutschland sind sich der Innenminister und der Außenminister ausnahmsweise einig.

Berlin/Washington. Wolfgang Schäuble (CDU) wie Frank-Walter Steinmeier (SPD) sehen noch erheblichen Gesprächsbedarf mit den USA. Schäuble übte deutliche Kritik an der Informationspolitik Washingtons: "Was wir bis jetzt an Unterlagen aus Washington erhalten haben, reicht für die nach dem Gesetz zu treffende Entscheidung über eine Aufnahme noch in keinem einzigen Fall aus", sagte Schäuble der "Bild am Sonntag". Es sei nicht sicher, dass von den Guantánamo-Insassen keine Gefahr ausgehe. Er frage sich, warum die USA diese Menschen nicht aufnehmen könnten und welchen Bezug sie zu Deutschland hätten.

Steinmeier sagte, er wolle US-Präsident Barack Obama bei einer Schließung des umstrittenen Gefangenenlagers unterstützen. Aber eine Aufnahme von Gefangenen komme nur nach sorgfältiger Prüfung infrage. "Ob es sich nur um Uiguren handelt, ob die USA beabsichtigen, sie nur Deutschland anzubieten oder auch anderen Europäern - das muss jetzt mit den USA sorgfältig besprochen werden", sagte Steinmeier im Deutschlandfunk. Die Uiguren sind Angehörige einer muslimischen Minderheit in China. Es gibt Mutmaßungen darüber, dass die in Guantánamo festgehaltenen Uiguren Terrorlager in Afghanistan durchlaufen haben.

US-Präsident Obama plant nach einem Bericht der "Washington Post" jetzt doch eine Fortsetzung der Militärtribunale gegen Terrorverdächtige im Sommer. Allerdings würden den Angeklagten dann mehr Rechte eingeräumt. Die Verfahren sollten wahrscheinlich auf amerikanischen Militärstützpunkten neu anlaufen. Menschenrechtsgruppen kündigten massiven Widerstand gegen die Pläne an. Obama hatte gleich am Abend seines Amtsantritts die Erwartung geweckt, dass diese Sondergerichte der Vergangenheit angehören, und sie später ausgesetzt.