Kabinett beschließt Bedingungen für Vergünstigung bei Energie- und der Stromsteuer. Umweltschützer beklagen “knallharte Klientelpolitik“

Berlin. Die Bundesregierung will die Industrie dazu anhalten, sorgsamer mit Energie umzugehen. Das Kabinett beschloss am Mittwoch, dass Unternehmen mit hohem Energieverbrauch diesen mit einem nachprüfbaren Plan steuern müssen, wenn sie weiterhin von Vergünstigungen bei der Ökosteuer profitieren wollen. Außerdem müssen diese Firmen zusammen ihre Energieeffizienz um 1,3 Prozent im Jahr steigern. SPD, Grüne und Umweltschützer attackierten den Gesetzentwurf als viel zu wirtschaftsfreundlich.

Die Pläne beziehen sich auf Vergünstigungen bei der Energie- und der Stromsteuer. Unternehmen des produzierenden Gewerbes, die viel Energie verbrauchen, können schon jetzt bis zu 90 Prozent der zu zahlenden Steuern erlassen oder erstattet bekommen. Dies hatte die frühere rot-grüne Bundesregierung beschlossen. Die Steuererleichterung kostet den Staat jährlich 2,3 Milliarden Euro.

Rösler findet Vorgaben ambitioniert

Künftig gibt es die Vergünstigung nur noch für Unternehmen, die spätestens Ende 2015 ein unabhängig zertifiziertes Energie- oder Umweltmanagementsystem haben. Die Details regelt eine Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Wirtschaftsverbänden. Zudem müssen die Industriebetriebe zusammen von 2013 bis 2015 jährlich die Energieeffizienz um 1,3 Prozent steigern, 2016 um 1,35 Prozent und später um einen noch nicht festgelegten Wert. Einzelne Firmen müssen aber nicht nachweisen, dass sie Energie eingespart haben. Ein Unternehmen kann also auch dann von den Vergünstigungen profitieren, wenn es seinen Energieverbrauch gar nicht gesenkt hat.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) nannte die Vorgaben dennoch „sehr ambitioniert“. Der Entwurf zeige, dass „erfolgreiche Wirtschaftspolitik und kluge Umweltpolitik“ Hand in Hand gehen könnten. Es gehe um die Stärkung des Industriestandorts Deutschland. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) betonte, der Gesetzentwurf schaffe Planungssicherheit für die Unternehmen. Die bisherige Regelung wäre Ende 2012 ausgelaufen.

Opposition empört

In der Opposition und bei Umweltschützern stieß die Neuregelung auf Empörung. „Das neue Energiesteuer- und Stromsteuergesetz ist windelweich. Wenn die Bundesregierung keine unternehmensscharfen Einsparziele setzt, bleibt das Gesetz heiße Luft“, sagte der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Matthias Miersch, der „Saarbrücker Zeitung“ (Donnerstagausgabe). Steuererleichterungen dürfe es nur gegen verbindliche Auflagen geben.

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir beklagte, Unternehmen mit hohem Energieverbrauch würden „auf Lobbydruck bei der Stromsteuer weiter geschont“. Die zusätzlichen Kosten müssten Privathaushalte und kleine und mittelständische Unternehmen bezahlen, sagte Özdemir in Berlin. Der Gesetzentwurf sabotiere „ambitionierte Effizienzziele, die Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende sind“.

Auch der BUND warf der Regierung vor, „knallharte Klientelpolitik für die Großindustrie“ zu betreiben. „Weiterhin müssen die Verbraucher dafür zahlen, dass Wirtschaftsunternehmen begünstigt werden“, beklagte der Verbandsvorsitzende Hubert Weiger. „Mit den heute beschlossenen Ausnahmeregeln werden falsche Marktsignale gesetzt und Innovationen verhindert“, monierte er.