Der Bundespräsident Christian Wulff entschuldigt sich für sein Verhalten. Sein langjähriger Sprecher Olaf Glaeseker muss aber gehen.

Berlin. Der Bundespräsident bezieht im Schloss Bellevue Stellung und rettet sich in die Weihnachtspause. Für Christian Wulff war es ein notwendiger Schritt in letzter Minute. Zehn Tage lang hatte sich Wulff widersetzt, in der Hoffnung, der Druck möge abnehmen. Nun war die persönliche Erklärung zum umstrittenen Privatkredit doch nicht mehr zu vermeiden. Dass unmittelbar zuvor Wulffs langjähriger Sprecher und Vertrauter Olaf Glaeseker sein Amt verlor oder hinschmiss, wirft ein Licht auf die Hektik und die Spannungen im Schloss Bellevue, die der Entschuldigung des Bundespräsidenten vorausgingen.

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So hatte sich – zwei Tage vor Heiligabend – die allmählich doch peinliche Affäre um Hauskauf, Freundschaften und Buchreklame zugespitzt, dass die Reporter im Schloss auch einen Rücktritt nicht mehr ausschließen konnten. Gerade 18 Monate ist es her, dass Wulffs Vorgänger Horst Köhler unter dramatischen Umständen seinen Abgang verkündete. Diesmal machten die knappen Worte des Staatsoberhaupts aber schnell klar, dass er nicht an Demission denkt.

Es kam das von allen Seiten geforderte Zeichen der Zerknirschung. „Ich hätte auch den Privatkredit dem niedersächsischen Landtag damalig offenlegen sollen. Das war nicht gradlinig, und das tut mir leid.“ Das war der entscheidende Satz. Allerdings gilt diese Entschuldigung dem Verschweigen des 500 000-Euro-Kredits vor dem Landtag von Hannover, nicht der Tatsache, dass er die günstigen Konditionen überhaupt angenommen hat.

„Ich sehe ein: Nicht alles, was juristisch rechtens ist, ist auch richtig“, sagte Wulff weiter. Die großzügigen Bedingungen für das Darlehen, die ein anonymer Nachbar in Großburgwedel damals sicher nicht bekommen hätte, bedauert Wulff nach wie vor nicht. Ob das wirklich reicht, bleibt immer noch abzuwarten.

Die „Bild“-Zeitung, die den Druck auf Wulff in den letzten Tagen kontinuierlich aufrecht erhielt, schrieb schon ganz am Anfang ihrer Berichterstattung über den Fall, dass Politiker selten über eine Affäre an sich stolperten, sondern über den Umgang mit ihr. Und offenkundig war das Krisenmanagement im Schloss Bellevue nicht überzeugend. Als wenig wirkungsvoll erwies sich der Versuch, mit der Einschaltung einer renommierten Anwaltskanzlei das Bundespräsidialamt zu entlasten. Am Ende hat es doch dort geknallt.

Ausgestanden erscheint das Problem ohnehin noch nicht. Nicht nur der Landtag in Hannover wird im Januar seine Debatten über den Fall wieder aufnehmen, auch die Medien werden weiter berichten. Immer noch muss Wulff damit rechnen, dass neue Fakten oder zumindest Details ans Licht kommen. Und erste Reaktionen der Opposition deuten darauf hin, dass auch für SPD und Grüne das Thema noch nicht erledigt ist.

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SPD-Chef Sigmar Gabriel gab sich allerdings staatstragend. Niemand könne sich wünschen, dass „innerhalb von zwei Jahren der zweite Bundespräsident zurücktritt“, sagte er schon vor Wulffs Erklärung. Damit würde das Vertrauen in die demokratischen Institutionen schwer beschädigt.

In der SPD-Führung ist man fest überzeugt, dass Wulff nur dann fallen dürfte, wenn die Kanzlerin ihm doch noch die Unterstützung entzieht. Doch nach den wiederholten Beistandserklärungen in den letzten Tagen sei damit kaum zu rechnen. Für Angela Merkel und die schwarz-gelbe Koalition wäre nach Horst Köhlers abruptem Abgang eine weitere Demission in diesem Amt kaum verkraftbar, ist sich die Opposition sicher.

„Sollte Wulff noch das rettende Ufer der Feiertage erreichen, dann wird er künftig nur noch ein trauriger Präsidentendarsteller sein – gezeichnet von der Kreditaffäre und nachhaltig erschüttert in seiner moralischen Autorität“, sagt ihm der Politikberater Michael Spreng in seinem Blog voraus.

Manche Experten weisen aber auch darauf hin, dass eine deutliche Diskrepanz zwischen der massiven Kritik an Wulff in den Medien und der Reaktion der Bürger klafft. Das Vertrauen in Wulff ist nur relativ wenig zurückgegangen. Wulff selbst will im neuen Jahr einen Neuanfang versuchen. „Seine Agenda ist auf fünf Jahre angelegt“, hieß es immer im Schloss Bellevue. Und der Bundespräsident schloss an diesem denkwürdigen Donnerstag vor Weihnachten seine Worte des Bedauerns mit dem Satz: „Wir werden auch in diesem Jahr 2012 weiterhin gut zusammenarbeiten, so hoffe ich doch.“