Wulff räumte ein, das Verschweigen des Kredits von 500.000 Euro sei ein Fehler gewesen. Der ehemalige Ministerpräsident von Niedersachsen betonte gleichzeitig seinen Anspruch auf “Integrität und Verantwortungsbewusstsein“.

Berlin. Nach zwei Tagen heftiger Kritik: Der Bundespräsident hat sich erstmals zu den Vorwürfen der Tatsachenverschleierung im Zusammenhang mit der Annahme eines Privatkredits in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident geäußert und Fehler eingeräumt. „Ich erkenne an, dass hier ein falscher Eindruck entstehen konnte“, erklärte Wulff am Donnerstag in Berlin. „Ich bedauere das.“

Er bestätigte, am 25. Oktober 2008 einen Privatkredit bei der befreundeten Unternehmergattin Edith Geerkens mit einem Zinssatz von 4 Prozent aufgenommen zu haben. Er habe dann auf Anraten von Egon Geerkens Kontakt zur BW-Bank aufgenommen. Mit einem Kredit der Bank habe Wulff das Privatdarlehen von Edith Geerkens am 21. März 2010 abgelöst habe. Inzwischen sei das Geldmarktdarlehen durch einen langfristiges Bankkredit abgelöst worden. Der Bundespräsident kündigte zudem an, die Vertragsunterlagen und weitere Papiere zur Einsicht für die Medien bei einem Anwaltsbüro zu hinterlegen.

Wulff erklärte, es sei damals um die Frage gegangen, „ob geschäftliche Beziehungen zwischen mir oder dem Land Niedersachsen auf der einen Seite und Herrn Egon Geerkens, einem weiteren Unternehmer oder Firmen, an denen diese beteiligt waren, auf der anderen Seite bestanden“. Dies sei nicht der Fall gewesen. „Dementsprechend habe ich die gestellten Fragen beantwortet und keine Veranlassung gesehen, den privaten Darlehensvertrag mit Frau Geerkens zu erwähnen.“

Er erkenne jedoch an, „dass hier ein falscher Eindruck entstehen konnte“, erklärte Wulff. „Es wäre besser gewesen, wenn ich auf die Anfrage der niedersächsischen Abgeordneten im Landtag über die konkreten Fragen hinaus auch diesen privaten Vertrag mit Frau Geerkens erwähnt hätte, denn in der Sache hatte und habe ich nichts zu verbergen.“

Weiter erklärte er: „Die Wahrnehmung öffentlicher Ämter verlangt zu jedem Zeitpunkt ein hohes Maß an Integrität und Verantwortungsbewusstsein. Dies gilt in ganz besonderer Weise für das Amt des Bundespräsidenten. Ich habe bei Übernahme meines Amtes zugesagt, meine Pflichten gewissenhaft zu erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann zu üben. Dieser Anspruch ist mir Verpflichtung.“

Wulff hatte 2010 im niedersächsischen Landtag als damaliger Ministerpräsident die Frage verneint, ob er geschäftliche Beziehungen zu dem Unternehmer Egon Geerkens pflege. Einen 500.000-Euro-Kredit von dessen Ehefrau ließ er dabei unerwähnt. Im gleichen Jahr hatte Wulff nach einem kostenlosen Upgrade bei einem Air-Berlin-Flug nach Florida einen Verstoß gegen das Ministergesetz eingeräumt. Einen strafrechtlichen Verstoß sah er damals nicht, da er nicht bewusst und ohne Vorsatz gehandelt habe, erklärte der CDU-Politiker. Die Staatsanwaltschaft leitete kein Verfahren ein.

Die SPD in Niedersachsen vermutet, dass er als Ministerpräsident in den Jahren 2003 bis 2010 mehr Urlaube als bislang bekannt in Villen von befreundeten Unternehmern verbracht haben könnte. Die Landtagsfraktion hat deshalb eine Kleine Anfrage an die niedersächsische Landesregierung eingereicht, in der sie Auskunft über die Urlaubsaufenthalte des ehemaligen Ministerpräsidenten fordert. „Dass Wulff im Winter 2009 und im Sommer 2010 zweimal private Häuser von Unternehmern genutzt hat, lässt vermuten, dass dies kein Zufall ist, sondern System hat“, hieß es in der SPD-Landtagsfraktion. Die Anfrage muss innerhalb von sechs Wochen beantwortet werden. Die SPD unterstützt zudem eine Initiative der Grünen, dass sich der Ältestenrates des Landtages mit der Frage beschäftigen soll, ob Wulff das Parlament im Jahr 2010 richtig informiert habe.

Der Fraktionsvize der Linken, Ulrich Maurer, forderte am Donnerstag: „Der Bundespräsident muss jetzt endlich reinen Tisch machen, um Schaden vom Amt abzuwenden.“ „Gerade weil sich Christian Wulff in der Vergangenheit zur hohen ethisch-moralischen Verantwortung von Politikern geäußert hat, sehe ich ihn in der Bringpflicht.“

Auch der Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim übte Kritik an Wulff. „Er hat dem niedersächsischen Parlament nur die halbe Wahrheit gesagt“, kritisierte von Arnim in der „Passauer Neuen Presse“. „Jedermann sieht, dass er nur formal richtig geantwortet hat.“ Von Arnim sieht Wulffs Glaubwürdigkeit beschädigt. „Er ist ja Wiederholungstäter und hat nicht das erste Mal mit solchen Vorwürfen zu kämpfen.“

Der Abendblatt-Kommentar

Die Konzentration auf Wulffs Privatdarlehen inklusive seiner spitzfindigen Rhetorik, dies seien „keine geschäftlichen Beziehungen zu den in der Anfrage genannten Personen“, vernebeln nur den Blick auf das wahre Problem dieses smarten und jüngsten Präsidenten, den das Land je hatte. Christian Wulff hat in den anderthalb Jahren seiner Amtszeit immer noch nicht das Thema seiner Präsidentschaft gefunden. Und das trotz der historisch außergewöhnlichen Krise, die diese Zeit leider prägt. Eine Krise, in der sich nicht nur überempfindliche Bürger bange fragen: Was wird aus meinem Ersparten? Was wird aus unserem Euro? Was aus der dramatisch verblassenden Idee des gemeinsamen Europa in Frieden und Wohlstand? Kein Bürger hat zu alledem die befreiende Botschaft des Präsidenten vernommen. (Christoph Rind)

Mit Material von dpa/dapd/rtr