Niedersachsens Ministerpräsident flog Businessklasse, ohne dafür zu bezahlen. Er räumt Verstoß gegen das Ministergesetz ein.

Hannover. Der hannoversche Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Lendeckel hat das Wortlautprotokoll der Rede bereits angefordert und will den Text "genau prüfen und analysieren". Schließlich hat der niedersächsische Ministerpräsident und Volljurist Christian Wulff gestern im Landtag in Hannover eingeräumt, dass es "objektiv gesehen ein Verstoß gegen das Ministergesetz war", als er sich und seiner Familie für den Flug in den Weihnachtsurlaub in Florida von Air Berlin die rund 3000 Euro teurere Business-Klasse spendieren ließ, statt der gebuchten und mit 2759 Euro bezahlten Economy-Klasse.

Ob es zu einem förmlichen Ermittlungsverfahren wegen Vorteilsannahme kommt, hängt an der Frage, ob ein Beamter für die Dienstausübung Vorteile fordert und erhält. Genau das bestreitet der Ministerpräsident energisch. Air-Berlin-Chef Joachim Hunold habe die Hochstufung von sich aus im Gespräch mit Ehefrau Bettina Wulff am Rande einer privaten Geburtstagsfeier im Herbst auch aus Sicherheitsgründen angeregt. Er selbst will Hunold zudem in Hannover Anfang Dezember klargemacht haben, eine solche Hochstufung komme nur infrage, "wenn tatsächlich unbesetzte Plätze vorhanden seien und so der Fluggesellschaft kein Nachteil entstünde".

Aber "ohne Wenn und Aber" machte Wulff gestern auch deutlich, dass es falsch von ihm war, überhaupt auf das Angebot von Air Berlin einzugehen, Economy zu bezahlen, aber Business zu fliegen: "Das Upgrade hätte nicht in Anspruch genommen werden dürfen, das war ein Fehler." Aber erst, als "Der Spiegel" vor Wochenfrist nachfragte, sei ihm klar geworden: "Ein Politiker muss jeden Anschein einer Besserstellung vermeiden." Diese späte Erkenntnis hat einen doppelten Preis: 3056 Euro hat der Ministerpräsident inzwischen nachgezahlt, zudem hat sein bislang makelloses Image gelitten.

Am Rande der Landtagssitzung seufzte Wulff, er habe über Weihnachten in Florida eigentlich nur mit den beiden sechs Jahre und 20 Monate alten Kindern spielen wollen "und mal selbst kochen". Mindestens nach Ansicht der Oppositionsparteien aber hat er auch mit seinem selbstkritischen Auftritt die Suppe noch nicht ausgelöffelt. SPD-Oppositionsführer Wolfgang Jüttner lobte zwar die ausführliche Stellungnahme des Ministerpräsidenten, aber gleich im Anschluss an die Sitzung schob er neue Fragen nach, etwa darüber, ob der Air-Berlin-Chef Hunold sich in der Vergangenheit als Spender für die Niedersachsen-CDU betätigt habe. Und weil Wulff mit Familie im Haus eines Freundes in Florida urlaubte, will Jüttner jetzt auch wissen, wer das ist und ob er Geschäftsbeziehungen mit dem Land unterhält.

Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel forderte kaum verklausuliert den Rücktritt von Wulff mit der Feststellung, persönliche Vorteilsannahme sei ganz unabhängig von der jetzt anstehenden juristischen Prüfung "mit dem Amt des Ministerpräsidenten nicht vereinbar". Mit genau diesen Worten hat Wulff im Jahr 1999 den Rücktritt des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Gerhard Glogowski gefordert. Der musste dann tatsächlich seinen Stuhl räumen - wegen einer vom Reisekonzern TUI bezahlten privaten Flugreise nach Ägypten.