Runder Tisch konnte sich auf Maßnahmenpaket verständigen. SPD-Vize Schwesig gehen die Ergebnisse nicht weit genug.

Berlin. Der runde Tisch zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs in Institutionen und Familien hat sich nach anderthalb Jahren Arbeit einstimmig auf ein umfangreiches Maßnahmenpaket verständigt: Es geht um schnelle Hilfen für Opfer, Therapien und Entschädigungen, aber auch um Prävention und Ursachenerforschung.

Zu den Vorschlägen gehört ein Hilfsfonds von 100 Millionen Euro, der Opfern sexuellen Missbrauchs dort zugute kommen soll, wo die Entschädigungsfrage unklar ist. Generell sollen die Institutionen, also die Kirchen oder Träger von Schulen und Heimen, die Kosten übernehmen. Dabei bleibt es den Institutionen überlassen, die Höhe des Schmerzensgeldes festzulegen. Wo die Entschädigungsfrage unklar ist, etwa in Familien oder dort, wo die staatliche Schulaufsicht versagt hat, soll der Hilfsfonds greifen. Der Bund ist bereit, die Hälfte der 100 Millionen Euro zu finanzieren. Auch die Länder und Kommunen müssten sich beteiligen.

SPD-Vize Manuela Schwesig betonte im Hamburger Abendblatt, dass der runde Tisch einiges für die Missbrauchsopfer bewegt habe und dass es vor Ort mehr Hilfsangebote und mehr Aufklärung geben solle. Sie übte aber auch Kritik. "Was mich ärgert: Es ist wieder nicht gelungen, auch im Gesundheitsbereich etwas für die Missbrauchsopfer zu tun." Viele Betroffene hätten große Schwierigkeiten, Therapien zu bekommen. "Über Appelle sind wir bei diesem Problem nicht hinausgekommen. Ich würde mir wünschen, dass der Bundesgesundheitsminister sich hier mehr engagieren würde."

Auch bei Opfervertretern stießen die Ergebnisse auf Kritik. "Wir sind natürlich sehr überrascht, dass die Deckelung der Hilfen für Betroffene wie Therapien und Eingliederungsmaßnahmen bei 10 000 Euro es tatsächlich in den Abschlussbericht geschafft hat. Das Leid der Betroffenen ist ungedeckelt", sagte Christian Bahls von der Initiative Mogis. Christa Paul von der Hamburger Beratungsstelle Allerleirauh sagte dem Abendblatt: "Natürlich hat der runde Tisch viel Gutes angeschoben, wie die Verlängerung der Verjährungsfrist, neue Forschungsprojekte, Einfluss auf das neue Kinderschutzgesetz und die Fortbildungsoffensive in den Fachberatungsstellen." Konkrete Auswirkungen würden die Empfehlungen aber wohl kaum auf die tägliche Arbeit der Beratungsstelle haben, die sich seit 23 Jahren für missbrauchte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene einsetzt.