Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière hat die Pläne zur Bundeswehrreform schon vor der öffentlichen Präsentation bestätigt. Demnach fallen in Schleswig-Holstein fast 11.000 militärische und zivile Dienstposten weg. Hamburg bleibt weitestgehend verschont.

Hamburg. Es ist zwar noch nicht ganz offiziell, aber durch Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) bereits vor der Bundespreessekonferenz bestätigt: Die Bundeswehr erhält eine radikale Schrumpfkur. Demnach werden mehr als 120 der bundesweit 400 Standorte geschlossen oder drastisch verkleinert. Schleswig-Holstein trifft es am härtesten. Dort fallen acht Standorte weg, die Zahl der Dienstposten pro 1000 Einwohner verringert sich von 9,2 auf 5,4. In ganz Ostdeutschland zieht sich die Bundeswehr dagegen nur von fünf Standorten zurück.

De Maizières Konzept wurde am Mittwoch vom Kabinett gebilligt. Am Nachmittag will der CDU-Politiker es der Öffentlichkeit vorstellen. 31 Standorte werden komplett geschlossen, davon sechs große mit mehr als 1000 Dienstposten. 90 werden drastisch verkleinert, das heißt um 50 Prozent oder mehr als 500 Dienstposten. 33 davon schrumpfen so stark, dass sie künftig mit weniger als 15 Soldaten oder Zivilisten ausgestattet sind und gar nicht mehr als Standorte geführt werden.

Der Minister betonte, dass die Truppe trotzdem in der Fläche präsent bleibe. Allerdings müsse sie so stationiert werden, dass sie ihren Auftrag „auch unter den Bedingungen eines zu konsolidierenden Bundeshaushaltes und mit geringeren Umfangzahlen“ erfüllen könne, schreibt de Maizière in seinem Konzept.

Zu den spektakulärsten Schließungen zählt der als "Wiege der Luftwaffe“ geltende Fliegerhorst im bayerischen Fürstenfeldbruck mit rund 800 Soldaten und 700 Zivilbeschäftigten. Das Flottenkommando aus dem schleswig-holsteinischen Glücksburg mit 920 Soldaten wird nach Rostock verlagert. Aus dem baden-württembergischen Sigmaringen wird der Stab der 10. Panzerdivision mit 1860 Posten abgezogen.

In sechs Bundesländern werden keine Standorte geschlossen. Neben den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen handelt es sich um das Saarland, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Allerdings sind alle Bundesländer über eine Verkleinerung der Standorte von Kürzungen betroffen. Das Saarland verliert sogar fast die Hälfte seiner Dienstposten. Nach Ansicht von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat das Verteidigungsministerium bei der Strukturreform Augenmaß bewiesen. "Es gibt keine Standortschließungen und keine signifikante Personalreduzierung“ in Sachsen-Anhalt, sagte Haseloff einem Sprecher zufolge am Mittwoch. "Die gemeinsamen Anstrengungen haben sich gelohnt.“

Enttäuschung dagegen in der Gemeinde Schwanewede (Niedersachsen). "Das ist ein sehr trauriger Tag für uns. Wir sind seit über 50 Jahren Bundeswehrstandort“, sagte Bürgermeister Harald Stehnken (SPD). Stehnken kritisierte vor allem die Informationspolitik des Verteidigungsministeriums. Es sei ein "ungeheuerlicher Vorgang“, dass die Gemeinde nicht informiert worden sei, sondern von der Schließung über die Medien erfahre. Er forderte die Darstellung der "sachlichen Kriterien“, die zu der Entscheidung zur Standortschließung geführt haben.

Noch härter als Niedersachsen trifft es Schleswig-Holstein mit acht Standort-Schließungen. Darunter befinden sich Glücksburg mit dem Flottenkommando der Marine, Alt-Duvenstedt und Hohn mit dem Lufttransportgeschwader 63 sowie Lütjenburg mit seiner Heeresflugabwehrtruppe. Die Abbaupläne für Boostedt bei Neumünster kommen faktisch einer Auflösung gleich. Dort sollen von 1980 Dienstposten nur 40 übrig bleiben. Stark betroffen ist auch Kiel mit einer Verringerung von 5290 auf 3590 Stellen.

Für die künftige zentrale Marineführung ist Rostock vorgesehen. In dem Kommando werden neben dem Marineamt, das bereits in Rostock arbeitet, der Führungsstab Marine, der in der Bonner Hardthöhe beheimatet ist und das Flottenkommando aus Glücksburg aufgehen. Damit wird auch der Marine-Inspekteur in der Hansestadt arbeiten. Seit April 2010 ist Vizeadmiral Axel Schimpf Chef der deutschen Seestreitkräfte, der zuvor das Marineamt geleitet hatte.

Die Standortentscheidung de Maizières ist die letzte wichtige Weichenstellung im Zuge der Bundeswehrreform – nach dem Aussetzen der Wehrpflicht sowie der Festlegung der Truppenstärke und der Grobstrukturen. Die Bundeswehr soll von ursprünglich 250.000 auf bis zu 185.000 Soldaten schrumpfen. Die Zahl der Zivilbeschäftigten sinkt von 76.000 auf 55.000.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) forderte im Deutschlandfunk finanzielle Unterstützung des Bundes für die nun notwendigen Umstrukturierungen in den betroffenen Kommunen. Das Programm müsse eine dreistellige Millionenhöhe haben.

Mit Material von dpa, rtr und dapd