Weiteres Thema in Freiburg war die Integration der Muslime in Baden-Württemberg. In Erfurt gab es einen Zwischenfall mit Schüssen.

Erfurt/Eichsfeld/Freiburg. Zehntausende Menschen haben Papst Benedikt XVI. am dritten Tag seines Deutschlandbesuchs in Freiburg begeistert empfangen. Am Mittag jubelten 24.000 Menschen dem Oberhaupt der katholischen Kirche in der Freiburger Innenstadt zu, am Abend feierten in etwa genau so viele mit ihm einen Jugendgottesdienst auf dem Messegelände. Am Vormittag hatte der Papst auf dem Erfurter Domplatz eine Messe zelebriert. Dabei würdigte er den Widerstand von Christen in der DDR und rief dazu auf, auch heute den Glauben zu verkünden.

Freiburg ist die letzte Station der viertägigen Reise Benedikts, die am Sonntag endet. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann begrüßte den Papst am Mittag auf dem Flughafen Lahr. In einem zehnminütigen Gespräch mit ihm habe sich Benedikt auch nach dem umstrittenen Bahnprojekt „Stuttgart 21“ erkundigt, berichtete der Grünen-Politiker.

Bei strahlendem Sonnenschein richtete der Papst dann auf dem Freiburger Münsterplatz einen Gruß an die Menge, die ihm begeistert zujubelte und „Benedetto“-Rufe skandierte. Benedikt bedankte sich für den „herzlichen Empfang“. Er sei glücklich, nach den schönen Begegnungen in Berlin und Erfurt nun auch in Freiburg sein zu dürfen, „von der Sonne beleuchtet und erwärmt“.

Am Nachmittag empfing der Papst im Freiburger Priesterseminar Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl zu einer Privataudienz, um dessen Verdienste um die deutsche Einheit zu würdigen. Das 20-minütige Gespräch habe eine „persönliche und herzliche Atmosphäre“ geprägt, sagte Papst-Sprecher Federico Lombardi laut Radio Vatikan.

Bei einer Begegnung mit Vertretern der Orthodoxen Kirchen rief Benedikt XVI. zum gemeinsamen Einsatz aller Christen gegen antireligiöse Tendenzen in der Gesellschaft auf. Gemeinsam träten die christlichen Kirchen für den Schutz des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod ein.

Zudem traf sich der Papst mit dem Präsidium des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und drückte seine Wertschätzung für das Engagement der Laienvertretung aus. Allerdings gab er auch zu verstehen, dass er die wiederholten Forderung aus dem ZdK nach Strukturreformen in der Kirche für den falschen Ansatz halte. Es gebe in Deutschland einen Überhang an Strukturen gegenüber dem Geist. Die eigentliche Krise der Kirche in der westlichen Welt sei eine Krise des Glaubens: „Wenn wir nicht zu einer wirklichen Erneuerung des Glaubens finden, wird alle strukturelle Reform wirkungslos bleiben“, sagte er laut Redemanuskript.

Beim Abendgottesdienst rief Benedikt die Jugend auf, „glühende Heilige zu sein“. Das bedeute nicht, nur „asketische und moralische Höchstleistungen“ vollbringen zu müssen. Auch Heilige seien nicht ohne Sünde. Entscheiden sei nicht, „wie oft wir im Leben straucheln, sondern wie oft wir wieder aufstehen“.

Vor seiner Abreise in den Breisgau predigte der Papst auf dem Erfurter Domplatz vor 28.000 Menschen. „Hier in Thüringen und in der früheren DDR habt ihr eine braune und eine rote Diktatur ertragen müssen, die für den christlichen Glauben wie saurer Regen wirkte“, sagte Benedikt XVI. Viele Spätfolgen der Diktaturen seien noch aufzuarbeiten, „vor allem im geistigen und im religiösen Bereich“. Die Mehrzahl der Menschen lebe fern vom Glauben und von der Kirche.

Die Gläubigen sollten daher auf die Mitbürger zugehen und sie einladen, „die Fülle der frohen Botschaft“ zu entdecken. „Wir wollen uns nicht in einem bloß privaten Glauben verstecken, sondern die gewonnene Freiheit verantwortlich gestalten“, betonte der Papst.

Überschattet wurde die Eucharistiefeier von einem Zwischenfall: Ein Mann gab mit einer Luftdruckwaffe vier Schüsse auf Sicherheitspersonal ab. Verletzt wurde aber niemand. Die Schüsse waren vor Beginn der Papstmesse an einer der Einlass-Schleusen aus einer Dachgeschosswohnung abgefeuert worden. Nach dem Ende des Gottesdienstes stürmten Beamte die Wohnung. Der mutmaßliche Schütze wurde vorläufig festgenommen. Gegen ihn wird wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung ermittelt.

Noch am Freitagabend hatte sich der Papst in Erfurt mit fünf Opfern sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche getroffen. Dabei wurden die Verfehlungen von Priestern und Kirchenmitarbeitern nach Angaben des Trierer Bischofs Stephan Ackermann offen angesprochen. „Es wurde kein Blatt vor den Mund genommen“, sagte der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz gegen Missbrauch. Benedikt XVI. habe seine Beschämung und seinen Schmerz über den Missbrauch ausgedrückt.

Das „Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt“ (NetzwerkB) kritisierte das Gespräch als „scheinheiliges Getue“. „Der Papst trifft sich heimlich hinter verschlossenen Türen mit Opfern“, sagte NetzwerkB-Vostand Norbert Denef der Nachrichtenagentur dapd. Das sei „nichts anders als Verschweigen und Vertuschen“ und ein „Schlag ins Gesicht derer, die sich lautstark melden“.

Der Papst-Besuch im Liveticker

20.05 Uhr: Papst Benedikt XVI. hat junge Christen dazu aufgerufen, „glühende Heilige“ zu werden und sich Gott hinzugeben. „Der Schaden der Kirche kommt nicht von ihren Gegnern, sondern von den lauen Christen“, sagte der 84-Jährige bei einer Gebetsvigil mit Jugendlichen am Sonnabend in Freiburg. Heilig sein bedeute nicht, asketische und moralische Höchstleistungen zu vollbringen, sondern sich von Gott entzünden zu lassen.

„Immer wieder ist das Bild der Heiligen karikiert und verzerrt worden, so als ob heilig sein bedeute, weltfremd, naiv und freudlos zu sein“, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche. Christus achte nicht so sehr darauf, „wie oft wir im Leben straucheln, sondern wie oft wir wieder aufstehen“.

19.22 Uhr: 29.000 Jugendliche haben sich zu einer abendlichen Gebetswache mit dem Papst eingefunden. Benedikt XVI. wurde von ihnen begeistert zur Vigil empfangen, als er mit dem Papamobil auf das Gottesdienstgelände fuhr. Schon Stunden vor dem Beginn des Gottesdientes waren die jungen Leute zu dem Gelände gepilgert. Es herrschte eine fröhliche Stimmung im Abendlicht – mit vielen „Benedetto“-Rufen. Die gute Stimmung bei der Begrüßung des Papstes vor dem Freiburger Münster übertrug sich auf das Messegelände, wo die Vigil stattfand.

Das hielt die Jugendlichen aber nicht davon ab, vor dem Eintreffen des Papstes auch kritische Ansichten kundzutun: Die Veranstalter hatten aufblasbare Tüten in Grün und Rot verteilt und stellten Fragen: Für wen spielt die Unterscheidung in evangelisch und katholisch überhaupt eine Rolle? Reaktion: Fast nur rote Tüten. Wer findet, Frauen sollten in der Kirche eine größere Rolle spielen? Fast nur grüne Tüten. Wer hält gelebte Homosexualität für Sünde? Fast nur rote Tüten. Und wer orientiert sich in seiner Lebensführung am Papst? Wieder zeigten die jungen Vigil-Besucher fast alle ihre roten Tüten.

18.15 Uhr: Papst Benedikt XVI. hat Altkanzler Helmut Kohl (CDU) zu einer Privataudienz empfangen. Das Gespräch im Freiburger Priesterseminar fand am Samstag hinter verschlossenen Türen statt. Von der Begrüßung gab es allerdings Fernsehbilder. Kohl bedankte sich beim Papst für dessen Deutschlandbesuch. „Das ist für uns ganz wichtig“, sagte er. An der 20-minütigen Unterredung nahm auch die Ehefrau des Altkanzlers, Maike Kohl-Richter, teil. Der Papst habe Kohl getroffen, „um die Verdienste des CDU-Urgesteins um die deutsche und die europäische Einigung zu würdigen“. Kohl war krankheitsbedingt im Rollstuhl zu der Begegnung gekommen. Es habe eine „persönliche und herzliche Atmosphäre“ geherrscht, wurde Papstsprecher Federico Lombardi zitiert. Einzelheiten der Unterredung wurden zunächst nicht bekannt. Benedikt und Kohl kannten sich von früheren Begegnungen. „Angesichts einer wachsenden Einsamkeit um den 81-jährigen Altkanzler wird ihm das Treffen gutgetan haben“, kommentierte Radio Vatikan.

17:10 Uhr: Große Gottesdienste, viele Gespräche, wenig Schlaf: Papst Benedikt XVI. fühlt sich trotz aller Anstrengungen am dritten Tag seiner Deutschlandreise nach wie vor fit. "Es geht ihm wirklich gut, und auch besser als ich erwartet habe“, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi am Sonnabend in Freiburg. "Es ist wunderbar, wie er alle Momente dieser Reise wirklich intensiv erlebt.“ Der 84-jährige Papst absolviert im Moment ein Marathon-Programm. An diesem Wochenende will er zum Abschluss seiner Reise Gottesdienste mit insgesamt mehr als 100.000 Gläubigen feiern.

15:26 Uhr: Der Streit um Stuttgart 21 berührt auch den Papst. Bei seinem Treffen mit Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) fragte Benedikt XVI. überraschend nach dem aktuellen Stand des Bahnprojekts. In einem ARD-Interview berichtete Kretschmann in Freiburg, der Papst habe den Konflikt sogar mit dem Streit in der katholischen Kirche verglichen. Er habe dem Papst geschildert, wie er als Ministerpräsident sich bemühe, dass der Konflikt nicht die Gesellschaft spalte. „Ja, das Problem habe ich auch, wie ich eine pluralistisch werdende Kirche zusammenhalte“, habe der Papst geantwortet.

Kretschmann hatte die katholische Kirche vor dem Treffen in einem Zeitungsinterview kritisiert und Reformen verlangt. Bei seinem Gespräch mit Benedikt habe er dies aber nicht angesprochen, sagte Kretschmann, der Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken ist. Der Deutschlandbesuch des Papstes werde sicher Auswirkungen haben. „Das ist durchaus inspirierend, was dieser intellektuelle Papst sagt, aber die Kirchenprobleme löst man nicht in drei Tagen.“

Ein weiteres Thema des Gesprächs war die Integration der Muslime in Baden-Württemberg. Er habe dem Gast aus Rom gesagt, dass an der Universität Tübingen ein Lehrstuhl für islamische Theologie eingerichtet wurde, erzählte Kretschmann. „Das hat ihn alles sehr interessiert.“

14:11 Uhr: Papst Benedikt XVI. ist in Freiburg angekommen. Dort begrüßte ihn der Domprobst und Weihbischof Paul Wehrle. Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, fuhr als Mitglied der Papstdelegation mit Benedikt im Papamobil durch die Altstadt. Das katholische Kirchenoberhaupt besuchte das Freiburger Münster, die Kathedrale der Erzdiözese, bevor er sich in einem Grußwort an die Stadtbevölkerung auf dem Münsterplatz wenden wollte.

13:22 Uhr: Die Schüsse aus einem Luftdruckgewehr am Rande des Papstbesuchs in Erfurt haben keine Auswirkungen auf die Sicherheitsvorkehrungen in Freiburg. „Ich denke, dass die Sicherheitsvorkehrungen, die man bisher getroffen hat, ausreichend sind“, sagte ein Polizeisprecher.

12.46 Uhr: Papst Benedikt XVI. ist am Flughafen Lahr in Baden-Württemberg eingetroffen. Dort begrüßte ihn Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), bevor es für das katholische Kirchenoberhaupt weiter nach Freiburg ging. Auch der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck (SPD), und Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) waren am Flughafen.

12:37 Uhr: Der erwartete Massenandrang zum Papst-Besuch in Freiburg ist zunächst ausgeblieben. Gut eine Stunde, bevor Benedikt XVI. mit dem Papamobil durch die Innenstadt fahren sollte, waren noch viele Tausend Zuschauerplätze frei. Veranstalter und Behörden hatten eigentlich damit gerechnet, dass die Zugänge schon Stunden vor der Ankunft des Papstes wegen Überfüllung geschlossen werden müssten. Die rund 200 Meter lange Strecke durch die Stadt zum Freiburger Münster bietet Platz für rund 25 000 Menschen. Bei strahlendem Sonnenschein warteten die Menschen in gelöster Stimmung auf den Papst. Viele Jugendgruppen waren gekommen und schwenkten Fahnen.

11:35 Uhr: Papst Benedikt XVI. ist zur letzten Station seiner viertägigen Deutschlandreise nach Freiburg aufgebrochen. Er wurde am Flughaften Erfurt/Weimar von Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) und dem Erfurter Bischof Joachim Wanke verabschiedet.

11.15 Uhr: Nach den Schüssen aus einer Luftdruckwaffe auf Sicherheitskräfte an einer Kontrollstelle zum Papstbesuch ist ein Mann festgenommen worden. Die Polizei stürmte die Wohnung des Verdächtigen. Nach Angaben von Polizeisprecher Dirk Sauter hatte der Mann zwischen 7.00 und 8.00 Uhr vier Schüsse aus einem Luftdruckgewehr auf zwei Mitarbeiter abgegeben. Verletzt wurde niemand. Es werde wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung ermittelt, sagte Sauter.

Der Zwischenfall ereignete sich etwa zwei Stunden vor Beginn der Messe mit dem Papst. Die Vorkontrollstelle liegt einige hundert Meter entfernt vom Domplatz. Bei der Messe war von dem Vorfall nichts zu spüren. Die Straße, die auch in der Nähe des Augustinerklosters liegt, ist von Polizeibeamten abgesperrt.

10:49 Uhr: Mit dem Läuten der „Gloriosa“ im Erfurter Mariendom ist die rund zweistündige Heilige Messe mit Papst Benedikt VXI. zu Ende gegangen. Die größte freischwingende Glocke des Mittelalters wird nach zwei komplizierten Reparaturen nur noch an wenigen Höhepunkten des Kirchenjahres geläutet. Die rund 11,5 Tonnen schwere und 2,5 Meter hohe Bronzeglocke zeichnet sich durch ihren einzigartigen Klang und Nachhall aus. Sie wurde 1497 gegossen.

10:14 Uhr: An einer Sicherheitsschleuse für die Papstmesse auf dem Erfurter Domplatz sind am frühen Morgen mehrere Schüsse gefallen. Bestätigt seien drei Schüsse aus einer Luftdruckwaffe in Richtung Sicherheitskräfte, sagte Polizeisprecher Eckhard Deutschmann der Nachrichtenagentur dpa. Bei dem Vorfall sei niemand verletzt worden. Nach Polizeiangaben spürte eine Mitarbeiterin des Sicherheitsdienstes einen Stich am Bein. Es sei ein sogenanntes Diabolo gefunden worden, ein Projektil einer Luftdruckwaffe. Der mutmaßliche Täter sei entgegen ersten Angaben noch nicht festgenommen worden. Seine Wohnung sei bekannt, aber noch nicht von der Polizei durchsucht worden. Der Zwischenfall ereignete sich schon zwischen 07.15 und 08.00 Uhr, etwa zwei Stunden vor Beginn der Messe mit dem Papst. Die Sicherheitsschleuse liegt einige hundert Meter entfernt vom Domplatz. Bei der Messe war von dem Vorfall nichts zu spüren. Die Straße, die auch in der Nähe des Augustinerklosters liegt, ist von Polizeibeamten abgesperrt.

10:02 Uhr : Papst Benedikt XVI. hat sich bei dem Treffen mit Opfern sexuellen Missbrauchs in Erfurt nach Angaben des Trierer Bischofs Stephan Ackermann tief beschämt gezeigt. Das Treffen habe am Freitagabend in einer „menschlichen und offenen Atmosphäre“ stattgefunden, teilte Ackermanns Sprecher mit. Der Papst habe den Missbrauchsopfern aufmerksam zugehört. An dem Treffen mit dem Papst hatten fünf Missbrauchsopfer aus verschiedenen Regionen Deutschlands teilgenommen, die in unterschiedlichen kirchlichen Institutionen betroffen waren. Der Trierer Bischof ist der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für alle Fragen im Zusammenhang mit dem sexuellen Missbrauch Minderjähriger.

09:58 Uhr: Bei seiner ersten Messfeier in den neuen Bundesländern hat Papst Benedikt XVI. an die wechselvolle Geschichte des 20. Jahrhunderts erinnert. «Liebe Brüder und Schwestern, hier in Thüringen und in der früheren DDR, habt ihr eine braune und eine rote Diktatur ertragen müssen, die für den christlichen Glauben wie saurer Regen wirkte», sagte das katholische Kirchenoberhaupt in seiner Predigt. Viele Spätfolgen dieser Zeit seien noch aufzuarbeiten, vor allem im geistigen und religiösen Bereich. Die Mehrzahl der Menschen in Thüringen lebe mittlerweile fern vom Glauben an Christus und von der Gemeinschaft der Kirche.

09:05 Uhr: Vor 28.000 Gläubigen hat die rund zweistündige Heilige Messe mit Papst Benedikt XVI. begonnen. Vor dem Gesang „Lobe den Herren“ zog die Prozession mit dem Papst vor die Altarstufen. Zuvor war das Kirchenoberhaupt bei seiner Fahrt mit dem Papamobil über den Platz begeistert gefeiert worden. Auch die Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Ilse Junkermann, und EKD-Präses Katrin Göring-Eckardt, wurden als Gäste begrüßt. Der feierliche Gottesdienst wird von rund 250 Priestern mitgestaltet. 30 Gläubige sollen vom Papst selbst die Kommunion empfangen.

07:57 Uhr: Mit letzten Sicherheitskontrollen bereitet sich Freiburg am Sonnabend auf den Besuch von Papst Benedikt XVI. vor. Die Polizei hat am Morgen bereits das Münster mit Sprengstoffhunden untersucht, versiegelte Kanaldeckel überprüft und letzte Sperrgitter aufgestellt. Insgesamt sind mehr als 5.000 Beamte im Einsatz. Auch zahlreiche Helfer sind schon unterwegs, der große Andrang der Besucher steht allerdings noch bevor. Zu den Gottesdiensten am Samstagabend und am Sonntag werden über 100.000 Pilger erwartet. Die Innenstadt wird teilweise für den Verkehr vollkommen gesperrt.

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07:46 Uhr: Tausende Pilger strömen seit dem frühen Sonnabendmorgen zum Domplatz in Erfurt, wo sie mit Papst Benedikt XVI. eine Heilige Messe feiern wollen. Dafür ist auf dem großen Platz vor dem imposanten Ensemble von Dom und Severikirche eine Altarbühne aufgebaut worden. Gerechnet wird mit etwa 30 000 Pilgern. Für die Messe wurde wegen der Zugänge durch enge Gassen in der Erfurter Altstadt aus Sicherheitsgründen die Zahl der Karten beschränkt. Der Domplatz der Thüringer Landeshauptstadt soll für bis zu 100 000 Menschen Platz bieten. Am dritten Tag seiner Deutschlandreise feiert Benedikt XVI. bereits die dritte Messe mit Gläubigen. Im Nordthüringer Etzelsbach waren es am Freitagabend etwa 90 000 Pilger.

Der Papst im Eichsfeld

Stille. Als das Papamobil an 90.000 Menschen über das Etzelsbacher Pilgerfeld rollt, herrscht zuerst ehrfürchtiges Schweigen. Dann Jubel, laute „Benedetto“-Rufe. Bei seinem Besuch im katholisch geprägten Eichsfeld – einer der wenigen katholischen Hochburgen des Ostens – ist der Papst den Gläubigen am Freitag ganz nah. Nach dem mit Spannung erwarteten ökumenischen Gespräch am Nachmittag ist es für Benedikt XVI. ein Heimspiel. Für viele Menschen hier ist er ein Held, die Kirche ihre Heimat. Und auch der Papst erfüllt sich mit seinem Besuch im Norden Thüringens einen Wunsch: „Ich habe seit meiner Jugend so viel vom Eichsfeld gehört, dass ich dachte, ich muss es einmal sehen und mit Euch beten“, sagt er – und weicht damit deutlich von seinem Redemanuskript ab.

Vor allem mit einem Moment aber sorgt das Kirchenoberhaupt für Gänsehautstimmung: Als Jugendliche dem Papst ihr Weltjugendtag- T-Shirt mit der Aufschrift „Benedikt, wir sehen uns zweimal“ überreichen, schenkt er ihnen ein herzliches Lachen. Die Menge hält inne, jubelt. Im Eichsfeld muss der Papst kaum Kritik fürchten. Die dem Missbrauchsskandal folgende Austrittswelle ist hier weit weg. Mehr als zwei Drittel der Eichsfelder sind katholisch – während der DDR-Zeit, als sie es nicht leicht hatten, sind die Gemeinden zusammengewachsen wie sonst selten. Jetzt schenken sie dem Papst ein Kreuz, gefertigt aus dem ehemaligen Grenzzaun.

Am Freitagabend traf der Papst zuvor in Erfurt mit Opfern sexuellen Missbrauchs durch Priester und kirchliche Mitarbeiter zusammen. Das teilten der Vatikan und die Deutsche Bischofskonferenz mit. Das Treffen habe im Priesterseminar stattgefunden. Anschließend habe der Papst Menschen getroffen, die sich um Missbrauchsopfer kümmern und ihnen helfen. „Bewegt und erschüttert von der Not der Missbrauchsopfer hat der Heilige Vater sein tiefes Mitgefühl und Bedauern bekundet für alles, was ihnen und ihren Familien angetan wurde“, hieß es der Erklärung. „Er hat den Anwesenden versichert, dass den Verantwortlichen in der Kirche an der Aufarbeitung aller Missbrauchsdelikte gelegen ist und sie darum bemüht sind, wirksame Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zu fördern.“

Weiter hieß es: „Papst Benedikt XVI. ist den Opfern nahe und bringt seine Hoffnung zum Ausdruck, dass der barmherzige Gott, der Schöpfer und Erlöser aller Menschen, die Wunden der Missbrauchten heilen und ihnen inneren Frieden schenken möge.“ Ein solches Treffen gehörte nicht zum offiziellen Besuchsprogramm des Papstes in Deutschland. Es war aber als symbolische Geste erwartet worden. Vielfache Missbrauchsfälle hatten die katholische Kirche im Vorjahr tief erschüttert. Doch zurück zum Etzelsbacher Pilgerfeld.

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„Für mich war emotional das schärfste, dass unendlich viele Leute aus der Region zusammen das Eichsfeld-Lied singen und ihren Zusammenhalt zeigen“, sagt Schwester Katharina Hartleib nach der Vesper. Auch Jessica Hellmold aus Steinbach ist ergriffen. Sie wollte dem Papst ihre 9 Monate alte Tochter Lucy zum Segen reichen. Doch das Papamobil fuhr zu schnell. „Wir haben ihn gesehen, das ist doch der Hammer“, sagt sie später. Und: „Wie hätte ich Lucy das mit dem Papstsegen auch erklären sollen.“

Im rot-goldenen Chormantel, den ein Priester aus der Gegend für den Papstbesuch gespendet hat, lobt Benedikt XVI. den unerschütterlichen Glauben der Eichsfelder. Seine Botschaft: Die Menschen sollen der Kirche treu bleiben, durch alle Veränderungen hindurch. Dann schenkt er der Wallfahrtskapelle einen Rosenkranz. Der soll später unter der Pietà hängen, einer Statue der Gottesmutter mit dem toten Jesus, die der Papst in seiner wieder theologisch-wissenschaftlich geprägten Ansprache besonders würdigt. Er warnt davor, das „Sich-selber-Haben- und -Machen-Wollen“ als Ziel des Lebens zu sehen.

+++ Die Bundestagsrede von Benedikt XVI. in Auszügen +++

+++ Debatte: Der Papst im Sog der Eventkultur +++

Seit vier Uhr in der Früh stehen manche Pilger auf dem Feld vor der kleinen roten Wallfahrtskapelle. Alte Menschen mit Rollator genauso wie junge Mädchen im kurzen Rock, um den Hals eine goldene Kette mit Kreuz. Sie alle haben einen mühsamen Weg auf sich genommen. Sie saugen die Bilder und Geräusche des Abends in sich auf: Den lauten Gesang von 90 000 Menschen, das herzliche Lachen „ihres Papstes“. Die Vesper endet im Abendrot.

Papst schläft in Erfurt wie ein Priesterschüler

Papst Benedikt XVI. übernachtet in Erfurt äußerst bescheiden. Der 84-Jährige schläft im Priesterseminar im Zimmer eines Priesterschülers: Ein einfaches Bett, ein Schreibtisch, ein Schrank mit eingebautem Sanitärbereich, Bücherschrank, kein Fernseher. Nur etwa zehn Quadratmeter groß ist das Zimmer. Der Seminarist, der dort normalerweise wohnt, ist wie alle anderen auch für die Zeit des Papstbesuches ausgezogen. Auch das Frühstück wird das Oberhaupt der katholischen Kirche mit seinem Gefolge in einem schmucklosen Speisesaal einnehmen. Nach Bistumsangaben steht nichts Außergewöhnliches auf dem Buffet.

Das schmucklose Gebäude neben dem Bischofssitz wurde in den 1950er Jahren erbaut. Auch die Kapelle, in der der Papst beten kann, strahlt Schlichtheit aus. Sie ist jedoch modern ausgestaltet. Für den hinter einer hohen Mauer gelegenen Garten mit Blumen und Ruhebänken wird der Papst bei seinem straffen Terminplan wohl keine Zeit haben. Am Samstag feiert er zum Abschluss seiner Thüringen-Visite eine Heilige Messe auf dem Domplatz.

Das Priesterseminar wurde 1952 aus einer Not heraus gegründet. Die DDR-Regierung verhinderte, dass Priester aus Westdeutschland in den Osten durften. Auch nach den politischen Veränderungen 1989 bildet das Seminar Priester für die Diaspora in Mittel- und Ostdeutschland aus. Die derzeit 28 Kandidaten kommen aus den Bistümern Berlin, Dresden-Meißen, Erfurt, Görlitz und Magdeburg, dazu weitere aus der Erzdiözese Paderborn und dem Bistum Fulda.

Rund 400 Papstgegner demonstrieren in Freiburg

Mehrere hundert Menschen haben am Freitag in Freiburg gegen den Besuch von Papst Benedikt XVI. demonstriert. Nach Angaben der Polizei zogen am Abend rund 400 Papstgegner friedlich durch die Innenstadt. Die Veranstalter machten keine Angaben. Organisiert wurde der Protest von links-alternativen Gruppen. Sie richteten sich gegen den Papst und vor allem gegen die Sexualmoral der Kirche. Kritisiert wurden sowohl die hohen Kosten des Besuchs als auch die strikten Sicherheitsvorkehrungen. Papst Benedikt XVI. wird am Samstag und Sonntag Freiburg besuchen. Unter anderem will er zwei Gottesdienste feiern. Erwartet werden mehr als 100 00 Gläubige.