Erste Einigungen zeichnen sich vom Krisengipfel ab: Griechenland kriegt vom europäischen Krisenfonds EFSF frisches Geld zu niedrigen Zinsen

Hamburg. Erste Ergebnisse vom Krisengipfel um die Griechenland-Rettung. Das von Pleite bedrohte Griechenland wird vom europäischen Krisenfonds EFSF mit frischem Geld zu niedrigen Zinsen versorgt werden. Es seien rund 3,5 Prozent geplant, heißt es in dem Entwurf für die Abschlusserklärung des Brüsseler Eurogipfels vom Donnerstag. Die Laufzeiten der Kredite sollen von bisher siebeneinhalb Jahren auf bis zu 15 Jahre gestreckt werden.

Eine Ausweitung der Schuldenkrise soll unbedingt verhindert werden. So könne es für gefährdete Länder künftig so genannte „vorbeugende Programme“ geben, heißt es in dem Entwurf für die Abschlusserklärung des Brüsseler Eurogipfels vom Donnerstag. Diese Programme sollten vom europäischen Krisenfonds für finanzschwache Eurostaaten EFSF finanziert werden. Spanien und Italien werden in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich genannt; für die Finanzmärkte sind die beiden großen südeuropäischen Volkswirtschaften aber seit längerem die nächsten Wackelkandidaten.

Noch kreist auf dem Gipfel alles um die Frage, ob sich der deutsche Vorschlag, ein neues Rettungspaket für Griechenland mit Beteiligung privater Investoren einzurichten, durchsetzen kann? Deutschland habe im wesentlichen Zustimmung gefunden, sagten EU-Diplomaten am Donnerstag am Rande des Brüsseler Krisengipfels. Im Gegenzug werde der Krisenfonds zur Rettung wackelnder Eurostaaten (EFSF) zum Ankauf von Staatsanleihen genutzt. Allerdings geht dies mehreren Ländern nicht weit genug. Berlin und Paris hatten sich kurz vor dem Gipfel auf eine Linie verständigt, wonach der Privatsektor durch einen freiwilligen Anleihentausch oder die Verlängerung der Kreditlaufzeiten einen Teil der Last schultern soll. „Aber in dem Vorschlag stehen noch keine Zahlen“, sagte ein EU-Diplomat am Donnerstag. Finnland und die Niederlande würden darauf pochen, dass die Privatsektorbeteiligung konkret werde und eine Summe in die Gipfelerklärung aufgenommen werde.

Wie Diplomaten am Donnerstag berichteten, hat sich die Europäische Zentralbank (EZB) bewegt und ihre Fundamentalopposition gegen die Bankenbeteiligung aufgegeben. Diese solle freiwillig sein. Im Gespräch Laufzeiten. Diese neuen Bonds könnten vom EFSF garantiert werden. Der EFSF wurde ursprünglich als Feuerwehr geschaffen, falls finanzschwache Staaten vor der Pleite zu bewahren, wie bisher Irland und Portugal.

Im Entwurf von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hieß es dem Vernehmen nach lediglich, die Beteiligung des Privatsektors werde anerkannt. Der deutsch-französische Kompromissvorschlag sieht laut Medienberichten vor, dass Banken und Fonds zwischen zwei Modellen wählen können. Angestrebt werde, dass die Investoren neue Anleihen mit einer Laufzeit von 30 Jahren zeichnen. Die Zeitung „Die Welt“ berichtet in ihrer Freitagsausgabe, die Europäische Zentralbank sei mit dem Vorgehen einverstanden, weil sich die Herabstufung Griechenlands auf bankrott dadurch auf einen Tag begrenzen lasse.

In den Niederlanden und in Finnland allerdings ist der Widerstand gegen weitere Griechenland-Hilfen groß. Der niederländische Regierungschef Mark Rutte sagte am Donnerstag, die Beteiligung des Privatsektors sei für ihn entscheidend.

Um die Details des neuen Pakets wird seit Monaten heftig gerungen. Eine Beteiligung privater Investoren galt als kritisch, weil sie von den Ratingagenturen als Zahlungsausfall („default“) gewertet wird, was unkalkulierbare Folgen an den Finanzmärkten haben könnte.

Der Brüsseler Krisengipfel begann am Donnerstagmittag mit einem Treffen von acht EU-Spitzenvertetern im kleinen Kreis. „Es geht gut voran“, sagte ein Diplomat nach der Begegnung. Wie EU-Diplomaten berichteten, saßen Kanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker und der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, am Tisch. Es nahmen ebenfalls die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, Griechenlands Premier Giorgos Papandreou sowie von der EU-Seite Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident José Manuel Barroso teil.

Zuvor zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zuversichtlich:„Ich gehe davon aus, dass wir ein neues Griechenland-Programm verabschieden können, das ist ein wichtiges Zeichen“. Gestern Abend traf sie sich mit Frankreichs Staatspräsident Sarkozy um sich auf eine gemeinsame Linie zu verständigen. Das Treffen sei ein wichtiger Schritt bei der Überwindung der Schuldenkrise einiger Länder. „Mit diesem Programm wollen wir die Probleme auch wirklich an der Wurzel anpacken.“ Zu den Inhalten wollte sich die Kanzlerin nicht äußern.

Bei einem nächtlichen Vorkrisengipfel wurde auch neben Deutschland und Frankreich der EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy, sowie der Präsident der Europäischen Zentralbank EZB, Jean-Claude Trichet, einbezogen. Der Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker äußerte sich ebenfalls zuversichtlich, dass es beim Krisengipfel der Euroländer zu Griechenland einen Kompromiss geben wird. „Zu einer Gesamtlösung gehört eine Beteiligung des Privatsektors, die wird es auch geben“, sagte Luxemburgs Premierminister. Er habe den Eindruck, dass man sich nicht auf einen Bankensteuer einigen werde. Auf die Frage zu einheitlichen EU-Anleihen, so genannten Eurobonds, sagte Juncker, dass sie nicht genannt werden sollten, „aber die Lösungen, die angedacht werden, sind nicht meilenweit davon entfernt“.

Die Einigung zwischen Merkel und Sarkozy bezeichnet Juncker als gutes Zeichen: „Ich bin nicht der Sprecher der deutschen und der französischen Regierungen, aber ich glaube es ist hilfreich, dass die Deutschen und die Franzosen ihre Ansichten angeglichen haben.“ Das erleichtere den Weg zu Entscheidungen beim Gipfel. Merkel und Sarkozy waren am Vorabend kurzfristig in Berlin zusammengekommen. Details aus ihrem Gespräch, an dem auch der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) Jean-Claude Trichet teilnahm, wurden zunächst nicht bekannt.

CSU gibt Merkel Rückendeckung

Die Berliner CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt signalisierte Unterstützung. Die Landesgruppe trage die Politik Merkels zur Stabilisierung des Euro in großer Geschlossenheit mit, heißt es. Im Übrigen erwecke alle öffentlich geäußerte Kritik am Krisenmanagement der Bundesregierung den falschen Eindruck, dass es für die Bekämpfung der Schuldenprobleme Griechenlands eine kurzfristige Lösung gebe.

Cem Özdemir von den Grünen sagte der Zeitung „Die Welt“: „Der richtige Weg aus meiner Sicht ist, dass die alten griechischen Anleihen gegen neue mit längerer Laufzeit zu niedrigeren Zinsen getauscht werden.“ Daran müsse ein Konjunkturprogramm zur Stabilisierung der griechischen Wirtschaft gekoppelt werden, das den Menschen wieder eine Perspektive biete.

Der Gipfel in Brüssel wird auch von einigen Managern europäischer Großbanken begleitet, wie die „Bild“-Zeitung schreibt. Federführend ist dabei der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Josef Ackermann. Die Banker sollen ihr Ja zu einer Kostenbeteiligung signalisieren, bevor sie beschlossen wird. Die Staats- und Regierungschefs der Eurogruppe müssen sich auf ihrem Sondergipfel in Brüssel auf die nächsten Schritte in der Schuldenkrise einigen. Bis Mittwoch war offen, wie das neue Rettungspaket für Griechenland aussehen wird. Gestritten wird über eine Beteiligung der Privatwirtschaft, für die sich vor allem Berlin einsetzt. Der Gipfel beginnt um 13.00 Uhr. Mit einer Einigung wird nicht vor dem Abend gerechnet.

In Griechenland wird weitergestreikt

Derweil wird in Griechenland weitergestreikt. Taxifahrer haben ihre Proteste gegen mehr Konkurrenz den vierten Tag in Folge fortgesetzt. Sie blockierten am Donnerstag zeitweilig den wichtigsten Flughafen Kretas in der Hafenstadt Heraklion. Durch Öffnung der Mautstellen im Norden und Süden Athens versuchten sie, die Unterstützung der Bevölkerung zu gewinnen. Autofahrer konnten frei durchfahren, ohne dass sie die Maut zahlen mussten, wie das Fernsehen zeigte. Derzeit verhandeln die Taxifahrer dem Vernehmen nach mit der Regierung, um ihre Forderungen durchzusetzen. Die Streiks mitten in der Tourismussaison bringen erhebliche Probleme für Griechenland.

Die Taxibesitzer protestieren seit Tagen gegen die Öffnung ihres Berufsstandes. Bislang waren die Taxilizenzen auf etwa 14 000 für Athen und insgesamt etwa 30 000 für ganz Griechenland limitiert. Eine Lizenz kostete noch vor kurzer Zeit bis zu 150 000 Euro. Mit der von der EU geforderten Öffnung des Berufes kann sich jeder, der beruflich fahren darf, eine Taxilizenz für etwa 3000 Euro kaufen. Die Taxis sind in Griechenland hauptsächlich in der Hand einzelner Fahrer.

Mit Material von dpa/dapd