Für Finanz- und Wirtschaftskrisen, das ist die Erfahrung aus dem Bankencrash, gibt es keine Lehrbuchlösung.

Für Finanz- und Wirtschaftskrisen, das ist die Erfahrung aus dem Bankencrash, gibt es keine Lehrbuchlösung. Das beweist auch in diesen Tagen der vielstimmige Chor jener Experten, die selber so gerne Lehrbücher verfassen. Finanzkrisen, auch das ist eine Lehre aus der Lehman-Pleite, sind auch immer emotionale Krisen. Damals wie heute ging die Inflationsangst um, erklomm der Goldpreis neue Rekordmarken. Durch Hamburg kurvten nächtens die Geldtransporter, um die Geldautomaten zu füllen, die die Bürger tagsüber leer geräumt hatten.

Damals, das ist knapp drei Jahre her, spielte die Kanzlerin so lange auf Zeit, bis sie in Europa den Ruf der Zauderin gewonnen hatte - bis ihr und dem damaligen Finanzminister Peer Steinbrück klar wurde, dass die Welt und damit auch Deutschland in einen finanzpolitischen Abgrund guckten. Merkel und Steinbrück übten dann die emotionale Führung aus, die die Bürger von ihnen erwarteten. Sie gaben eine Garantie für die Sparkonten der Deutschen raus und spannten einen ersten Rettungsschirm, damals für die Banken.

Die verunsicherten Deutschen dankten es unter anderem mit freiwilligem Lohnverzicht und Einsicht in Leistungseinschnitte. Waren alle Maßnahmen auch richtig? Die Banken, die uns nach Ansicht von Altkanzler Schmidt "in die Scheiße geritten haben", verdienen wieder prächtig, die Wirtschaft auch. Der Arbeitnehmer leider nicht.

Heute hat der Euro die Krise - und 68 Prozent der Deutschen glauben, dass ihr Geld nicht mehr sicher ist. Große Altkanzler wie Helmut Kohl und Helmut Schmidt sorgen sich, jeder auf seine Art, um die Zukunft Europas, des Euro und damit auch um ihr politisches Erbe. Die Zeit des Zauderns, das ist auch ihre Botschaft, ist vorbei. Spätestens nachdem sich nach Griechenland, Portugal, Spanien und Irland die Krise mit Italien ins Herz der EU gefressen hat. Europa und damit auch die Deutschen wollen klare Entscheidungen, die mit klaren Worten begründet werden. Und nicht mit Fachchinesisch aus dem Wörterbuch von Abteilungsleitern, die nicht entscheidungsbefugt sind. Dabei ist es fast egal, ob es auf einen Schuldenschnitt, die Einführung von Eurobonds oder die Verlängerung von Rückzahlungsfristen hinausläuft.

Europa kann nicht regelmäßig Sondergipfel veranstalten, ohne zu Entscheidungen zu kommen. Der Gipfel der Unentschiedenheit ist längst erreicht. Jetzt muss endlich gehandelt werden.