Die SPD erwägt juristische Schritte gegen die schwarz-gelben Pläne zur Wahlrechtsreform. Auch Grüne und Linke einig: Pläne unzureichend.

Berlin. Die SPD schließt juristische Schritte gegen die Pläne von CDU/CSU und FDP zur Wahlrechtsreform nicht aus. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte am Montag: Sollte es keinen Vorschlag geben, „der wirklich eine Überwindung der Überhangmandate vorsieht, dann werden auch wir einen Klageweg nicht ausschließen“. Während Bundespräsident Norbert Lammert zu einem breiten Konsens bei der Reform aufruft, kritisieren auch Grüne und Linke die Pläne als unzureichend.

Die sogenannten Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate erzielt, als ihr nach dem Zweitstimmenanteil Sitze zustehen. Das Bundesverfassungsgericht hatte diese Regelung unter anderem gerügt und eine Änderung des derzeitigen Wahlrechts bis zum 30. Juni gefordert. Hintergrund ist, dass zusätzliche Zweitstimmen einer Partei sogar schaden können.

Die Koalition hat sich nach monatelangem Streit grundsätzlich auf eine Reform des Wahlrechts geeinigt. Den Effekt des sogenannten negativen Stimmgewichts will die Koalition nun dadurch beseitigen, dass die Bundesländer feste Kontingente von Mandaten zugewiesen bekommen. Diese werden dann – je nach Wahlergebnis – auf die einzelnen Parteien verteilt. Eine Verrechnung der Zweitstimmen zwischen den Bundesländern findet nicht mehr statt.

Grüne und die Linke üben Kritik an Schwarz-Gelb und wünschen sich eine fraktionsübergreifende Einigung auf eine Wahlrechtsreform. Eine solche Gesetzesänderung lasse sich nicht mit einer knappen Mehrheit durchsetzen, sagte Grünen-Chef Cem Özdemir am Montag in Berlin. Der Linke-Politiker Jan Korte beklagte, die Koalition verlasse die gute Tradition, beim Wahlrecht einen möglichst breiten Konsens anzustreben. Der Vorschlag von Union und FDP sei eine Zumutung. Auch Özdemir kritisierte deren Pläne als unzureichend.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat derweil zu einem breiten Konsens bei der Neuregelung des Wahlrechts aufgerufen. „Ich begrüße, dass sich nun auch die Koalitionsfraktionen auf einen Gesetzentwurf zur Reform des Wahlrechts verständigt haben“, sagte er am Montag.

Aus der Not der nicht mehr einzuhaltenden Frist, die das Bundesverfassungsgericht gesetzt habe, sollte nun eine Tugend gemacht werden, sagte der Parlamentschef. Deshalb solle bis zur 2. und 3. Lesung der Gesetzentwürfe nach der Sommerpause ein möglichst breiter Konsens angestrebt werden, „wie es bei der Novellierung des Wahlgesetzes eine gute demokratische Tradition ist“.

Ein Anknüpfungspunkt kann nach Ansicht Lammerts die Begrenzung der Anzahl der möglichen Überhang- bzw. Ausgleichsmandate sein. Er verwies darauf, dass das deutsche Wahlrecht international durch die Verbindung von Verhältniswahl und personalisierter Mehrheitswahl als eines der fairsten und zugleich kompliziertesten Wahlsysteme der Welt gilt. (dapd/dpa))