Doch es droht eine neue Klage beim Bundesverfassungsgericht. Wem nützen die Überhangmandate am meisten?

Berlin. Union und FDP wollen im Alleingang die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Neuregelung des Wahlrechts durchsetzen. Ihre Vertreter kündigten an, in der kommenden Woche ein entsprechendes Gesetz im Bundestag zu beschließen. SPD und Grüne kündigten eine Verfassungsklage gegen das schwarz-gelbe Konzept an. Unionsfraktions-Vize Günter Krings sagte nach einer Sitzung des Innenausschusses, man habe sich mit der FDP auf eine Regelung verständigt, die die Vorgaben des Verfassungsgerichts umsetze. Damit gebe es bald wieder ein „gültiges und verfassungskonformes Wahlrecht“.

Die Karlsruher Richter hatten im Juli 2008 das sogenannte negative Stimmengewicht, das aus der Verbindung von Mehrheits- und Verhältniswahlrecht rührt, für verfassungswidrig erklärt. Künftig müsse verhindert werden, dass eine Partei bei Bundestagswahlen unter Umständen mehr Mandate dadurch erhält, dass sie in bestimmten Ländern weniger Zweitstimmen bekommt. Das Gericht hatte für die Änderung eine Frist bis 30. Juni gesetzt – wegen Differenzen in der Koalition wurde diese aber nicht eingehalten. Nach der nun von der Koalition geplanten Regelung soll das negative Stimmengewicht bei Bundestagswahlen durch eine Trennung der Landeslisten aufgefangen werden. Auf die bislang praktizierte überregionale Anrechnung von Reststimmen soll verzichtet werden.

Die Grundstruktur des bewährten Wahlrechts werde damit nicht angetastet, betonte Krings. In der Tendenz führe die Lösung auch zu weniger Überhangmandaten, deren Abschaffung die Opposition fordert.

SPD und Grüne nannten das Konzept nicht nachvollziehbar und willkürlich. „Das Versprechen, gleiches Stimmengewicht für alle, wird nicht eingehalten“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann. Die Koalition erhalte „sich den machtpolitischen Sondervorteil der Überhangmandate“. Deshalb werde man vor das Verfassungsgericht ziehen. „Wie sehen uns in Karlsruhe wieder“, kündigte der Innenexperte der Grünen, Wolfgang Wieland, an. (dpa)