Der Ärztetag wählt den Hamburger UKE-Radiologe Frank Ulrich Montgomery zum Präsidenten der Bundesärztekammer und verbietet aktive Sterbehilfe.

Kiel/Hamburg. Jahrelang hatte er auf dieses Amt hingearbeitet, jetzt ist Frank Ulrich Montgomery, 59, am Ziel. Der Hamburger UKE-Radiologe ist zum neuen Präsidenten der Bundesärztekammer gewählt worden und tritt die Nachfolge von Jörg-Dietrich Hoppe, 70, an, der Ehrenpräsident wird. Damit hat Hamburg nicht nur eine weitere gewichtige Stimme in der deutschen Gesundheitspolitik. Montgomery nimmt als Vorkämpfer von gut 340 000 Ärzten künftig eine herausragende Stellung ein in den Debatten um die Finanzierung im Gesundheitswesen, bei den Ärztehonoraren, der Ausbildung und den ethischen Fragen wie Sterbehilfe und Organspende. Und diese Rolle beansprucht er auch, wie er kurz nach dem zweiten Wahlgang deutlich machte, der ihm 128 von 249 Stimmen und damit das Präsidentenamt brachte.

Montgomery sagte, er wolle Hoppes Arbeit fortsetzen: "Und dennoch: Ich glaube, wir brauchen sehr viel mehr Einmischung." Es gehe um mehr Geld für die Mediziner und bessere Arbeitsbedingungen. Der ebenfalls erst frisch ins Amt gekommene Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) gratulierte Montgomery zur Wahl. Der Minister freue sich auf eine konstruktive Zusammenarbeit und wolle den guten Dialog mit der Bundesärztekammer fortsetzen, sagte ein Sprecher.

Montgomery nannte nach seiner Wahl weitere dringende Punkte, die mit der Politik schnell geklärt werden müssten. Beim geplanten Gesetz gegen den Ärztemangel sei man bereits in vielen Punkten mit der Regierung einig. Gesprächsbedarf gebe es noch beim Patientenrechte-Gesetz und bei der Reform der amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ).

Obwohl Montgomery Krankenhausarzt ist und bereits der Klinikärzte-Gewerkschaft Marburger Bund über viele Jahre vorstand, will er auch die Arbeitssituation von niedergelassenen Ärzten verbessern. "Wir brauchen jetzt Arbeitsbedingungen, unter denen Familie und Job miteinander vereinbar sind", sagte Montgomery. "Und wir müssen den bürokratischen Wildwuchs beseitigen, um den Weg wieder frei zu machen für Arzt und Patient."

Zur Vizepräsidentin der Bundesärztekammer wählte der Ärztetag Dr. Martina Wenker. Die 52 Jahre alte Internistin ist Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen und Oberärztin im Kreiskrankenhaus Diekholzen. Zweiter Vize wurde der Allgemeinmediziner Dr. Max Kaplan, 58, aus Pfaffenhausen.

Der Ärztetag sprach sich mit großer Mehrheit für ein ausdrückliches Verbot der Beihilfe zur Selbsttötung aus. Zugleich forderten die Ärzte eine Stärkung der Palliativmedizin. "Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen. Es ist ihnen verboten, Patienten auf deren Verlangen zu töten. Sie dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten", heißt es in der Neufassung der Berufsordnung zum Thema Suizidbeihilfe. In der bislang geltenden Berufsordnung, die für alle Mediziner rechtlich verbindlich ist, war ein ausdrückliches Verbot nicht enthalten. Zugleich forderte der Ärztetag Änderungen des Transplantationsgesetzes. Um mehr potenzielle Organspender zu gewinnen, soll jeder Bürger aufgefordert werden, seine Haltung zur Organspende zu bekunden.

Ebenfalls mit großer Mehrheit plädierte der Ärztetag für eine streng begrenzte Zulassung der umstrittenen Präimplantationsdiagnostik (PID). Eine PID solle Paaren angeboten werden können, für deren Nachkommen ein hohes Risiko einer familiär bekannten und schwerwiegenden genetisch bedingten Erkrankung bestehe. Tests auf eine Geschlechtsbestimmung ohne Krankheitsbezug oder zur Begrenzung des Risikos bei älteren Eltern soll es nicht geben.

Bei der PID werden im Reagenzglas erzeugte befruchtete Eizellen außerhalb des Mutterleibs auf genetische Fehler untersucht und geschädigte Embryonen vernichtet. In Deutschland galt sie nach gängiger Rechtsinterpretation des Embryonenschutzgesetzes lange als verboten. Diese Auffassung kassierte allerdings der Bundesgerichtshof im Juli des vergangenen Jahres. Der Bundestag will noch in diesem Sommer ein Gesetz zur PID verabschieden.