Die Ärzte fragen zu Recht, wie sie in Zukunft bezahlt werden sollen.

Mit der Wahl des Hamburgers Frank Ulrich Montgomery zum Präsidenten der Bundesärztekammer bricht eine neue Ära in der deutschen Gesundheitspolitik an. Die scheinbar abgehobenen Debatten um Honorare, Priorisierung und andere lateinische Fachbegriffe werden schnell beim Versicherten und Patienten und noch schneller bei Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sowie in den Krankenkassen ankommen.

Von der Wiege bis zur Bahre sind im Normalfall in Deutschland Ärzte im Spiel. Sie helfen, retten, heilen und geben zumindest technische Antworten auf die Fragen nach Leben, Krankheit, Tod. Doch die Ärzte - das haben sie bei ihrem Jahrestreffen in Kiel und mit der Wahl Montgomerys bewiesen - stellen unangenehme Fragen. Was muss, was kann behandelt werden? Es geht nicht nur um neue Hüftgelenke für über 90-Jährige, Operationen, die keine Heilung oder Linderung bringen, Medikamente ohne Zusatznutzen. Es geht um den überbordenden Einsatz von Hightech-Medizin und vermeintlichen Wunder-Apparaten, hinter dem das Gespräch zwischen Arzt und Patient immer mehr verschwindet. Es wird kaum vergütet - ein Fehler im System.

Mit ihrer Schocktherapie und dem Gerede von Ranglisten für Behandlungen provozieren die Ärzte ein ganzes Land. Immerhin gibt das der Diskussion Impulse, was die Krankenversicherung bezahlen soll. Die Krankenkassen steuern in einer alternden Gesellschaft auf immer höhere Ausgaben für Pillen, Ärzte und Kliniken zu. Die Ärzte strotzen nur so vor Selbstbewusstsein. Ihr Alleinstellungsmerkmal ist ihr Wissen. Daraus lässt sich aber nicht die Lizenz ableiten, in jedem gesundheitspolitischen Feld zu dominieren. Anders als in der reinen Marktwirtschaft darf in der Gesundheit nicht automatisch derjenige den Preis bestimmen, der die Leistung liefert. Das wird politisch ausgehandelt.

Und deshalb müssen sich auch die Ärzte die Fragen nach der Qualität gefallen lassen, nach Rankings, nach anderen schwer zu fassenden Kriterien, die ihre Entlohnung regeln könnten. Während sich Politik, Mediziner und Krankenkassen belauern, dürfen sie den Patienten nicht aus dem Blick verlieren. Das immerhin haben die Ärzte mit ihren Fach-Diskussionen schon jetzt erreicht: Über Gesundheit wird wieder auf höchstem Niveau gestritten.