Jürgen Trittin, Fraktionsvorsitzenderder Grünen, spricht im Interview mit dem Abendblatt über die Verhandlungen zur Hartz-IV-Reform.

Hamburger Abendblatt: Herr Trittin, bei den Verhandlungen zur Hartz-IV-Reform tragen die Grünen eine Mitverantwortung. Wird der Bundesrat am 11. Februar die Reform mit Stimmen Ihrer Partei absegnen?

Jürgen Trittin: Wir streben nach wie vor eine Einigung an. Wir sind erschüttert darüber, dass Frau von der Leyen den Hartz-IV-Empfängern bis heute ihre Rechte verweigert. Seit Jahresanfang haben die Kinder der Langzeitarbeitslosen einen Rechtsanspruch auf die Maßnahmen des geplanten Bildungspakets. Seit Jahresanfang gibt es auch einen Rechtsanspruch über einen transparenten Regelsatz. Aufgrund der Verweigerung von Frau von der Leyen droht eine weitere Klagewelle. Wir müssen diesen Zustand zügig beenden.

Hamburger Abendblatt: Welches Ergebnis wäre für Sie verantwortbar?

Jürgen Trittin: Es darf keine verfassungswidrigen Berechnungstricks beim Regelsatz mehr geben. Es muss zudem eine Lösung gefunden werden, wie die explosionsartig steigende Zahl der Hartz-IV-Aufstocker kleiner werden kann. Das geht nur über einen Mindestlohn und den Stopp des Lohndumpings in der Zeitarbeit. Und wir brauchen eine praktikable Lösung für die Kinder von Langzeitarbeitslosen und Geringverdienern, damit ihnen ein warmes Mittagessen, Nachhilfe und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht wird. Einen Kompromiss werden wir nur erzielen, wenn wir in diesen Feldern relevante Fortschritte sehen.

Hamburger Abendblatt: Woran hapert es konkret?

Jürgen Trittin: Schwarz-Gelb ist nicht verhandlungsfähig. Wir verhandeln nicht mit einem Partner, sondern mit dreien: CDU, CSU und FDP. Ich wünsche mir, dass Frau Merkel noch vor der Verhandlungsrunde am Sonntag die Partei- und Fraktionsvorsitzenden der Koalition zu sich ruft, damit die sich endlich mal auf eine Position einigen. Wir hätten gern einen Verhandlungspartner, nicht drei.

Hamburger Abendblatt: Die Bundeskanzlerin sieht keinen Anlass, sich beim Regelsatz zu bewegen. Könnten die Gespräche daran scheitern?

Jürgen Trittin: Offenbar will die Bundeskanzlerin wieder vor dem Bundesverfassungsgericht landen. Ich habe mal gelernt, dass man zwar Fehler machen darf, aber dass man nicht zweimal mit dem Kopf gegen dieselbe Wand laufen sollte. Es bleibt dabei: Wir wollen Bewegung - auch beim Regelsatz.