Christian von Boetticher (CDU) appelliert an zu Guttenberg. Offiziere sind empört über die Absetzung des Kapitäns der “Gorch Fock“.

Hamburg/Berlin. Nach den jüngsten Vorfällen an Bord der "Gorch Fock" ist eine Debatte über die Zukunft des deutschen Segelschulschiffs entbrannt. Nach den Kritikern melden sich nun auch die Befürworter der Ausbildung auf dem Großsegler der Marine zu Wort. Schleswig-Holsteins CDU-Chef Christian von Boetticher appellierte an die Adresse von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU): "Hände weg von der 'Gorch Fock'!" Die CDU werbe bei den anderen Fraktionen des Kieler Parlaments für eine entsprechende Landtagsresolution. Die "Gorch Fock" ist Patenschiff des schleswig-holsteinischen Landtags. "Die Patenschaft gilt in guten wie in schlechten Zeiten", sagte Boetticher.

Der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels sagte dem Abendblatt: "Die 'Gorch Fock' sollte als Segelschulschiff erhalten bleiben, allerdings muss man die Praxis an Bord ändern. Die Ausbildung darf niemals lebensgefährlich sein, die Sicherheit auf See geht vor. Daran muss man arbeiten." Vieles, was auf der 'Gorch Fock' passiert ist, sei nicht hinnehmbar. "Der Nachwuchs soll gefordert, aber nicht überfordert werden", sagte Bartels. Der frühere Bundeswehr-Generalinspekteur Harald Kujat warnte vor einem Prestigeverlust für Deutschland und die Streitkräfte, sollte auf die Ausbildung auf dem Schiff verzichtet werden.

Umstritten bleibt die Suspendierung des 'Gorch Fock'-Kommandanten Norbert Schatz. Er hätte Guttenberg davon abgeraten, sagte Kujat. Dieser Schritt sei ein dramatischer Eingriff in das innere Gefüge der Bundeswehr, seine Ergebnisse seien nicht zu revidieren. Auch das Vorstandsmitglied des Bundeswehrverbandes, Kapitänleutnant Uwe Sonntag, kritisierte die Absetzung des 'Gorch Fock'-Kommandanten. Sie erwecke den Eindruck, an den Vorwürfen sei etwas dran, sagte Sonntag "Welt Online". Acht Reserveoffiziere, die 2007 auf der 'Gorch Fock' ausgebildet wurden, nahmen Schatz in Schutz. Sie bezeichneten ihn in einem offenen Brief als "fähigen Kommandanten" und verteidigten das Ausbildungskonzept, berichteten die "Kieler Nachrichten".

Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus (FDP) dagegen stärkte Guttenberg den Rücken und verteidigte die Absetzung von Schatz: "Ich glaube, das ist eine Schutzmaßnahme."

Schiffsführung und Stammbesatzung sehen sich weiter massiven Vorwürfen ausgesetzt. Königshaus warf im ZDF die Frage auf, ob die Kadetten ausreichend auf ihren Einsatz vorbereitet werden. Im November war eine 25 Jahre alte Offiziersanwärterin aus der Takelage gestürzt und gestorben. Die Staatsanwaltschaft Kiel geht einer Strafanzeige der Mutter nach. "Spiegel Online" berichtete über Drohungen und Alkohol-Exzesse an Bord des Schiffes. Ein neunseitiger Bericht des Wehrbeauftragten gebe Beschreibungen von Offiziersanwärtern darüber wieder, wie sich die Stammmannschaft des Schiffs hemmungslos betrank, wie ein Offiziersanwärter das Erbrochene der Offiziere von Deck schrubben musste und dass ein Besatzungsmitglied ihnen im Rausch mit dem Tod gedroht habe.

Unterdessen nimmt der Druck auf den Verteidigungsminister auch von anderer Seite zu: Nach einem Zeitungsbericht sieht das Kanzleramt die Pläne Guttenbergs zum Umbau der Bundeswehr kritisch und fordert mehr Sparanstrengungen. Berlin will zudem den europäischen Partnern Kooperation bei Verteidigungsvorhaben anbieten. So sollen die Kosten verringert werden.