Der Bundesrat besiegelt die Verlängerung der Laufzeiten. Hamburgs Umweltsenatorin Hajduk: “Die Kommunen zahlen die Zeche.“

Berlin. Bis zur letzten Minute hatten die unionsgeführten Bundesländer ihre Zustimmung offengelassen. Erst am Freitagmorgen, kurz vor der Abstimmung im Bundesrat, machten die Ministerpräsidenten von CDU und CSU den Weg frei für die Einführung der Brennelementesteuer zum 1. Januar 2011. Die Steuer, die dem Bund bis 2016 jährlich Einnahmen von 2,3 Milliarden Euro bringen soll, könnte zu Einbußen bei den Ländern führen.

Der auf der Zielgeraden erzielte Kompromiss sieht vor, dass der Bund bis Mitte 2012 die Folgen der Steuer für die Länderhaushalte prüft und je nach Ergebnis Kompensationen an die Länder zahlt. Weil die Atomkonzerne die Aufwendungen für die Brennelementesteuer als Betriebsausgaben absetzen können, fürchten Länder und Kommunen Ausfälle von 500 bis 600 Millionen Euro jedes Jahr bei der Körperschafts- und Gewerbesteuer. Die Unionsregierungschefs zeigten sich zufrieden mit der Lösung, die sie mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch am Vorabend in der hessischen Landesvertretung der Hauptstadt erzielt hatten.

Im Bundesrat trat Merkels Staatsminister im Kanzleramt, Eckard von Klaeden (CDU) auf, um die Kompromisserklärung den Ländervertretern bekannt zu machen. Dafür verzichteten die Unionsländer darauf, gemeinsam mit den SPD-Ländern den Vermittlungsausschuss anzurufen und somit die Einführung der Steuer zu verzögern. Alles andere als zufrieden waren am Freitag die SPD-Länder, die den Kompromissvorschlag als unzureichend sehen. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) forderte, dass die unionsgeführten Länder und die Bundesregierung die Grundlage für ihre Einigung bekannt machen müssten.

CSU-Generalsekretär Dobrindt verteidigte den Kompromiss. "Der Bund hat den Ländern zugesichert, bei der Verwendung der Mittel die Interessen der Länder zu wahren", sagte Dobrindt dem Abendblatt. Das sei "ein guter Kompromiss, von dem alle Beteiligten profitieren". Der CSU-Politiker verwies auf die Notwendigkeit der Brennelementesteuer für den Einstieg ins Zeitalter der erneuerbaren Energien. Die Steuer sei ein Teil des Konsolidierungskonzepts des Haushalts, "aber sie ist vor allem Teil des Gesamtkonzepts von Investitionen in Forschung und Entwicklung bei erneuerbaren Energien". Der CSU-Politiker betonte: "Aus diesem Gesamtprojekt für Deutschland entwickeln wir für Kommunen, Länder und Bund große Chancen für die Energieversorgung der Zukunft."

Hamburgs Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL) teilte diesen Optimismus nicht. "Für die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke bezahlen letztendlich die Länder und Kommunen die Zeche", sagte Hajduk dem Abendblatt. Sie sieht trotz des Kompromissvorschlags die Länder weiter im Nachteil: "Nicht nur durch die Wettbewerbsverzerrungen zugunsten der vier großen Energiekonzerne und durch die zusätzlichen Risiken der Atomkraft vor Ort, sondern auch durch Ausfälle bei den Ertragssteuern durch die Kernbrennstoffsteuer werden wir in den Ländern die Hauptlast tragen müssen."

Die neue Steuer auf Brennelemente kann nun kommen, genauso kann die Verlängerung der Laufzeiten in Kraft treten. Im Bundesrat erreichten die Gegner am Freitag nicht die erforderliche absolute Mehrheit für die Anrufung des Vermittlungsausschusses, um das Atompaket zu verzögern. Sollte Bundespräsident Christian Wulff die Gesetze mit seiner Unterschrift absegnen, wollen die SPD-regierten Länder vor dem Bundesverfassungsgericht klagen.

Die Länder seien sich in ihrer Einschätzung einig, dass es verfassungsrechtlich geboten gewesen sei, den Bundesrat an der Entscheidung zu beteiligen, sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD). "Wir stützen uns dabei auf eine Reihe von Gutachten", fügte er hinzu. Dobrindt kritisierte das Vorhaben der SPD-regierten Länder scharf. "Die angekündigte Klage der SPD-regierten Länder ist der klägliche Versuch der gefühlt kleinsten Oppositionspartei, eine politische Debatte zu eröffnen." Der CSU-Generalsekretär betonte: "Die Zustimmung des Bundesrats ist nicht nötig. Wir halten am Auslaufen der Kernenergie fest." Nur der Zeitpunkt des Auslaufens werde verschoben.