Hauptprobleme sind die Sprache und das Aufenthaltsrecht. Doch gibt es in Deutschland überhaupt einen Fachkräftemangel?

Frankfurt/Main. Deutschland ist nach einem Bericht der „Frankfurter Rundschau“ für ausländische Fachkräfte nur mäßig attraktiv. Ungeachtet eines hohen Bedarfs an qualifizierten Zuwanderern tue die Bundesrepublik zu wenig, um Experten aus anderen Staaten anzulocken, beklagt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in einer noch unveröffentlichten Studie. „Ausländische Fachkräfte und Studenten stehen derzeit nicht Schlange, um ihre Fähigkeiten in Deutschland einzubringen; das sollte uns Sorgen machen“, sagte DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann der Zeitung. Nach einer Umfrage unter 47 Außenhandelskammern landet die Bundesrepublik auf der Skala zwischen eins („attraktiv“) und fünf („unattraktiv“) gerade mal bei einem Wert von 2,8, eine 3 plus.

Als Hauptproblem wird die Sprache genannt. In vielen Ländern werde Deutsch nicht mehr gelernt. Das liege auch daran, dass aufgrund von Sparzwängen viele Goethe-Institute geschlossen würden und der Deutsche Akademische Austauschdienst sowie Auslandsschulen ihre Angebote reduzierten. Kritik üben die Kammern zudem an komplizierten und regional unterschiedlichen Bestimmungen für Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen in Deutschland.

Nachholbedarf habe Deutschland auch bei der „Willkommenskultur“. Junge, qualifizierte Türken geben gegenüber den Auslandskammern an, sie empfänden sich in Deutschland als unerwünscht. Polen beschweren sich über das ihnen anhaftende Image „des Spargelstechers und Baugehilfen“.

Allerdings gibt es auch Zweifel, ob Deutschland tatsächlich so viele Fachkräfte aus dem Ausland in Zukunft braucht. Arbeitsmarktexperten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) schreiben in ihrem Wochenbericht laut „Spiegel online“: Die Umfragen der Arbeitgeber, in denen der Fachkräftemangel festgestellt werde, hätten a nur eine begrenzte Aussagekraft. Sie spiegelten allenfalls die kurzfristigen Probleme der jeweils Befragten. Andere Faktoren dagegen ließen den klaren Schluss zu, dass von einem grundlegenden Fachkräftemangel keine Rede sein könne.

Deutschland ist als Einwanderungsziel für Hochqualifizierte aus dem Ausland nicht mehr erste Wahl. Im Wettbewerb um die besten Köpfe in Europa liege Deutschland inzwischen nur noch im Mittelfeld, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung (Gütersloh). Demnach verlor Deutschland zwischen 2005 und 2009 unter dem Strich jährlich etwa 1500 Führungskräfte und Wissenschaftler an die westlichen EU-Länder (EU-15-Länder). Inzwischen seien Schweden, Spanien, Österreich, Großbritannien und Belgien an Deutschland vorbeigezogen.