Wirtschaftsminister kündigt Vereinbarung bis 2014 an. Der Pakt zwischen Regierung und Wirtschaft wurde erstmals 2004 geschlossen.

Berlin. Mit dem neuen Ausbildungspakt will die Bundesregierung der Wirtschaft zu mehr Fachkräften verhelfen. Das kündigte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) vor der heutigen Unterzeichnung des Pakts an, dem auch die Wirtschaft und die Gewerkschaften angehören sollen. Dem Hamburger Abendblatt sagte Brüderle: "Die Ausbildungssituation hat sich heute grundlegend gewandelt." Heute stünden die Unternehmen vor der Aufgabe, geeignete Bewerber zu finden. "Wir brauchen exzellent ausgebildete Fachkräfte, damit Deutschland dauerhaft wettbewerbsfähig bleibt", so der FDP-Vize. "Deshalb steht jetzt das Thema Fachkräftesicherung ganz oben auf der Agenda des Ausbildungspaktes, den wir heute bis zum Jahr 2014 verlängern wollen", kündigte der Wirtschaftsminister an.

Erst gestern - einen Tag vor der Neuauflage des Ausbildungspakts - erklärte sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zur Teilnahme am Pakt bereit. Doch eine Einigung mit den Wirtschaftsverbänden gab es auch am Abend noch nicht. "Die Wirtschaft bedauert, dass es derzeit keine gemeinsame Position mit den Gewerkschaften gibt", erklärten die Präsidenten der Spitzenverbände von Arbeitgebern, Industrie und Handel sowie des Handwerks. Es werde heute weitere Gespräche geben, hieß es.

In einem Entwurf des neuen Ausbildungspakts, der dem Abendblatt vorliegt, erklärt sich zumindest die Bundesregierung bereit, in einer Initiative bis zu 30.000 förderungsbedürftigen Schülern Berufsorientierungsmaßnahmen anzubieten, "um sich in unterschiedlichen Berufsfeldern praktisch zu erproben". Zusätzlich sollen die Jugendlichen beim Übergang von der Schule in eine berufliche Ausbildung von hauptamtlichen Berufseinstiegsbegleitern der Bundesagentur für Arbeit (BA) unterstützt werden. Die Zahl der Berufseinstiegsbegleiter soll von 1200 auf 2200 steigen. Die Wirtschaft soll dem Paktentwurf zufolge auf Schulen zugehen und jeder interessierten Schule einen Partner aus der Wirtschaft vermitteln. Auch die Länder sollen um lokale Partnerschaftsnetzwerke werben. Den Schülern sollen zudem aus der Wirtschaft Bewerbungstrainings und der Einsatz von Mentoren angeboten werden. Bund und Länder wollen darüber hinaus offenbar mehr Jugendliche mit Migrationshintergrund mit Ausbildungsplätzen versorgen. Dem Entwurf zufolge setzt sich die Bundesregierung auch das Ziel, den Anteil der Ausbildungsplätze in der Bundesverwaltung auf mindestens sieben Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten festzuschreiben. Auch die selbstständigen Einrichtungen des Bundes sollen ihre Ausbildungsleistungen erhöhen.

Der Pakt zwischen Regierung und Spitzenverbänden der Wirtschaft unter Federführung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) war erstmals 2004 geschlossen und 2007 bis zum Herbst 2010 verlängert worden. Im Vordergrund stand die Überlegung, jedem ausbildungswilligen Jugendlichen eine Lehrstelle zu beschaffen, um so den Fachkräftemangel zu beheben. Mit dem Pakt wehrte die Wirtschaft Pläne der damaligen rot-grünen Bundesregierung für eine gesetzliche Ausbildungsabgabe aller Unternehmen ab. Union und FDP hatten sich im Koalitionsvertrag die Einbindung der Gewerkschaften zum Ziel gesetzt, die bisher nicht Paktpartner waren und die Bilanzen des Pakts beanstandet hatten.

Für einen Konflikt zwischen Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden hatte erst Ende vergangener Woche ein Forderungenkatalog des DGB gesorgt, den der DIHK als "nicht akzeptabel" zurückgewiesen hatte. In dem Papier hatte der DGB mit einem Scheitern der Verhandlungen gedroht und festgestellt, der vorliegende Entwurf einer Vereinbarung für einen Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs sei keine ausreichende Grundlage für eine Beteiligung der Gewerkschaften. Oberstes Ziel bleibe es, dass alle Jugendlichen eine Chance auf einen regulären Ausbildungsplatz bekämen, erklärte der DGB. Der Dachverband beharrte darauf, dass die Wirtschaft weiterhin verbindlich für jedes Jahr 60.000 neue Lehrstellen zusage.

Mit einer festen Einbindung der Gewerkschaften würde die Regierung gleichzeitig die schärfsten Kritiker in den Pakt hineinziehen. Allerdings blieb bis zum Abend unklar, ob die Mitteilung des DGB auch zu einer Einigung aller Paktpartner führen könnte. Der DGB schloss zumindest seine Erklärung mit der Erwartung, dass sich die Spitzenverbände der Wirtschaft "dieser auch für die Gewerkschaften sehr schwierigen Einigung nicht verweigern".