Der Sparkurs der Bundesregierung drückt auf die Rentenkasse. Dabei macht die wegen guter Konjunktur ein Milliarden-Plus.

Wiesbaden. Nicht üppig, aber höher als angenommen: Das ist die Botschaft, die die Deutsche Rentenversicherung für 20 Millionen Rentner in Deutschland für die Erhöhung ihrer Bezüge zum Juli 2011 hat. Um voraussichtlich ein Pro-zent steigen die Renten, nachdem es 2010 keine Erhöhung gegeben hat und weitere Nullrunden befürchtet wurden. Durchschnittlich erhält der Rentner in Westdeutschland (45 Jahre gearbeitet, das jeweilige Durchschnittsgehalt verdient) statt heute 1244 Euro im Monat künftig also etwa 1236 Euro. Der Präsident der Deutschen Rentenversicherung, Herbert Rische, hatte bereits im Abendblatt-Interview ein Plus angekündigt.

„Bei aller Vorsicht kann man von einem Prozent Rentenanpassung ausgehen“, sagte Annelie Buntenbach, Bundesvorsitzende der Rentenversicherung und Vorstand im Deutschen Gewerkschaftsbund. Sie stellte auf einer Tagung in Würzburg das äußerst positive Finanzergebnis vor, sagte aber auch: Ohne die Kürzungen und Belastungen im Haushaltsbegleitgesetz der Bundesregierung hätten die Rentner 2011 sogar mit einem Plus von etwa drei Prozent rechnen können.

Die Rentenversicherung verbuchte 2009 dank einer deutlich verbesserten Wirtschaftslage zwei Milliarden Euro mehr an Einnahmen als 2008. Das Krisenjahr 2009 schloss man mit einem Plus von 200 Millionen Euro ab. Das Finanzpolster wuchs auf 16,2 Milliarden Euro. Für das laufende Jahr präsentierte Buntenbach beinahe sensationelle Zahlen. Der Einnahmeüberschuss wird vermutlich auf etwa 1,3 Milliarden Euro anwachsen – dank gesunkener Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit als allgewaltiges Kriseninstrument. Dadurch wächst das Polster auf 18 Milliarden Euro.

Diese Nachhaltigkeitsrücklage ist wichtig. Denn an ihr kann man absehen, ob die Beiträge zur Rentenversicherung, die jeder Arbeitnehmer in Deutschland zahlen muss, sogar sinken können. Derzeit zahlen Arbeitgeber und Beschäftigte je 9,95 Prozent vom Bruttogehalt, also 19,9 Prozent. Bei weiter gut laufender Konjunktur kann dieser Beitrag im Jahr 2014 auf 19,3 Prozent sinken.

Doch Buntenbach schüttete auch Wasser in den Wein. So streicht die Bundesregierung künftig die Rentenzahlungen für Bezieher von Hartz IV (Arbeitslosengeld II). „Zeiten der langjährigen Arbeitslosigkeit werden zu Beitragslücken in den Versicherungsverläufen führen. Die Rentenansprüche der Be-troffenen werden in den meisten Fällen dadurch geringer werden“, sagte Buntenbach. Langzeitarbeitslosen droht Altersarmut.

Außerdem muss die Rentenversicherung wegen der Gesundheitsreform höhere Krankenkassenbeiträge für die Rentner zahlen. Der Arbeitgeberbeitrag steigt 2011 auf 7,3 Prozent. Die Rentner selbst zahlen 8,2 Prozent von der Rente für die Gesundheit – plus eventuell Zusatzbeiträge. Auf Betriebsrenten wird der volle Kassenbeitrag fällig. Die Bundesregierung streicht der Rentenkasse außerdem Zahlungen im Zusammenhang mit der deutschen Einheit. Buntenbach kritisierte: „Die Versicherten der Rentenversicherung können auch schnell zum Spielball der Politik werden. Dies zeigt die Streichung der ALG-II-Beiträge und die Streichung der Erstattung für einigungsbedingte Leistungen. Auch wenn jede einzelne Maßnahme für die Rentenversicherung zu verkraften ist, so wird doch der Finanzierungsanteil des Staates gemindert. Ein Entlasten der Beitragszahler und der Rentner durch eine etwas höhere Rentenanpassung werden dadurch weiter in die Zukunft verschoben.“

Das sieht der Arbeitgebervertreter in der Rentenversicherung anders: Der Sparkurs der schwarz-gelben Koalition gebe nun einmal die Zahlen vor. „Für diese Maßnahmen der Bundesregierung sollten wir Verständnis haben. Die Rentenversicherung wird unterdurchschnittlich belastet“, sagte Alexander Gunkel von der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände.