Bei der Reform von Hartz IV tauchen bislang unbekannte Probleme auf. Von der Leyens Ministerium will beim Schulpaket nachbessern.

Köln/Berlin. Der 100-Euro-Zuschuss für Schulsachen an Kinder bedürftiger Eltern soll offenbar doch nicht gestrichen werden. Einen entsprechenden Bericht des „Kölner Stadt-Anzeigers“ wies das Arbeitsministerium zurück. Bundesfamilienministerium und Arbeitsministerium sind aber offenbar uneinig, aus welchem Etat das Geld kommen soll. Sprecher beider Ministerien sagten auf Nachfrage, es würden Gespräche geführt.

Ein Sprecher des Familienministeriums sagte dem epd, in dem Gesetzentwurf zur Hartz-IV-Reform gebe es tatsächlich „eine Unwucht“, weil er vorsehe, dass einkommensarme Familien den Schulbedarf nicht mehr bekommen sollen. Die Gespräche zielten darauf, dies zu korrigieren. Das Arbeitsministerium erklärte, der Gesetzentwurf bedeute nicht, dass der Schulbedarf für diese Kinder gestrichen werden solle.

Im Gesetzentwurf zur Hartz-IV-Reform ist indes eindeutig nachzulesen, dass der Zuschuss für Schulsachen im Wert von 100 Euro pro Schuljahr an Familien, die den Kinderzuschlag beziehen, nicht mehr gezahlt wird . Bei diesen Familien handelt es sich um rund 300.000 Haushalte mit geringen Einkommen, die einen Kinderzuschlag beziehen, damit sie keine Hartz-IV-Leistungen beantragen müssen. Sie bekommen bisher genau wie Familien, die von Hartz-IV-Leistungen leben pro Schuljahr für ihre Kinder 100 Euro für Schulsachen.

Der Kinderzuschlag wird, anders als die Hartz-IV-Leistungen, in diesem Jahr mit 374 Millionen Euro und im kommenden mit 384 Millionen Euro aus dem Etat des Familienministeriums finanziert. Insofern ist Familienministerin Kristina Schröder (CDU) für diese Leistung zuständig, aber nicht für den Schulsachen-Zuschuss, der, wie die Hartz-IV-Leistungen, aus dem Arbeitsetat kommt.

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erklärte unterdessen, sie wolle sich dafür einsetzen, dass Familien, die den Kinderzuschlag beziehen, weiterhin nicht nur bei den Schulsachen unterstützt würden, sondern auch Leistungen aus dem Bildungspaket bekommen, das zusätzlich Gutscheine für Schul-Mittagessen, Freizeitaktivitäten und Nachhilfe bei Bedarf umfasst. Offen blieb die Frage, warum diesen Familien im Gesetzentwurf – und damit im Etat des Arbeitsministeriums – zunächst der Schulzuschuss gestrichen wurde, der Teil des Bildungspakets ist.

Der sozialpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, Markus Kurth, forderte von der Leyen und Schröder auf, „ihre gegenseitige Abneigung nicht auf dem Rücken der Kinder auszutragen“. Er sagte dem epd, es sei klar, dass auch die geringverdienenden Bezieher des Kinderzuschlags den ohnehin knapp bemessenen Schulbedarfs-Zuschuss brauchen: „Die Bundesregierung soll endlich ordentlich arbeiten und dies sicherstellen“, forderte Kurth.

Unterdessen warf die Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen (KOS) dem Arbeitsministerium vor, die Hartz-IV-Regelsätze für rund 1,7 Millionen Kinder auf einer zu schmalen Datenbasis errechnet zu haben. Die Mehrzahl der Ausgabenposten, aus denen sich der Regelsatz zusammensetzt, beruhten auf ausgesprochen kleinen Fallzahlen von weniger als einhundert Vergleichshaushalten, erklärte KOS-Sprecher Martin Künkel.

Allein aus deren Ausgabeverhalten könne nicht auf den tatsächlichen Bedarf der Kinder geschlossen werden. Die Erwerbsloseninitiativen fordern 80 Euro im Monat mehr für eine gesunde Ernährung und wollen am 10. Oktober in Oldenburg für ihre Forderungen demonstrieren.