Die Reform von Hartz IV ist beschlossen. Es gab jedoch einige Last-Minute-Änderungen – und die Länder wollen überzeugt werden.

Berlin. Nach monatelangem Ringen hat die Bundesregierung die Reform von Hartz IV auf den Weg gebracht. Das Kabinett beschloss am Mittwoch einen Gesetzentwurf, der die Anhebung der Regelsätze für Erwachsene zum 1. Januar 2011 um fünf Euro monatlich vorsieht. Für bedürftige Kinder ist ein Bildungspaket mit einem Volumen von rund 700 Millionen Euro pro Jahr geplant Arbeitsministerin Ursula von der Leyen nannte es „einen Riesenschritt“ für die Bildungs- und Aufstiegschancen der Kinder, dass das Geld nicht mehr länger nur ausgezahlt werde, sondern direkt zum Kind gelange. Die CDU-Politikerin hatte den Gesetzentwurf noch eine Reihe von Änderungen eingearbeitet und damit auf die breite Kritik an dem Bildungspaket reagiert.

So sollen von den Bildungszuschüssen neben den rund zwei Millionen Kindern aus Hartz-IV-Familien auch die Kinder von Geringverdienern profitieren – also jene 300.000, die bereits Anspruch auf den Kinderzuschlag haben. Das hatte die SPD gefordert, auf deren Zustimmung im Bundesrat die schwarz-gelbe Koalition angewiesen ist. Von der Leyen betonte, dass diese Lösung „harte Abbruchkanten vermeidet, denn auch die Familien an der Grenze zu Hartz IV brauchen jede Unterstützung bei der Bildung ihrer Kinder“.

Kinder aus sozial schwachen Familien sollen aus dem geplanten Bildungspaket pro Jahr Fördergeld von mindestens 250 Euro erhalten. Dazu gehören Zuschüsse zu Schulmaterial und für Ausflüge sowie für Freizeitaktivitäten. Geplant ist das Schulbasispaket, das 100 Euro für Anschaffungen wie Schulranzen und Taschenrechner enthält. 70 Euro bekommen die Familien zu Beginn des Schuljahres, 30 Euro zu Beginn des zweiten Halbjahres am 1. Februar. Ein Gutschein über 30 Euro soll Schul- und Kita-Kindern die Teilnahme an eintägigen Ausflügen ermöglichen. Für Mittagessen in Schulen und Kitas gibt es einen Zuschuss von 2 Euro pro Mahlzeit.

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig hat die Hartz-IV-Reform scharf kritisiert und die Zustimmung der SPD an Nachbesserungen geknüpft. Die Reform sei ein „bürokratisches Monster und völlig unausgewogen“, sagte Schwesig der „Rheinischen Post“. Von der Leyen (CDU) habe die „Chance verspielt, im Kampf gegen Kinderarmut entscheidend voranzukommen“. Der Vorschlag, die Jobcenter mit der Umsetzung des Bildungspakets zu beauftragen, sei „völlig weltfremd“. Die Kommunen müssten die Zuständigkeit erhalten, sagte die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern weiter.

Außerdem lehnte Schwesig die Ausgabe von „Gutscheinen im Wert von ein paar Euro“ ab. Dies sei bürokratisch und stigmatisierend für bedürftige Kinder. Wichtiger seien Sachleistungen wie Ganztagsschulen und Ganztagskitas mit einem Mittagessen für die Kinder und Angeboten wie Musik und Sport.

Der CSU kam von der Leyen entgegen, nachdem die Partei gefordert hatte, neben der Abrechnung der Bildungszuschüsse über Gutscheine auch eine Direktüberweisung an Bildungsträger und Vereine zuzulassen. Eine Forderung der Kommunen wurde ebenfalls aufgenommen: Sie können auf Wunsch auch die Umsetzung selbst in die Hand nehmen anstelle der Jobcenter. Der Bund erstattet in diesem Fall die Verwaltungskosten.

Die Reform von Hartz IV war notwendig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht die geltenden Regelsätze für verfassungswidrig erklärt hatte. Der Gesetzentwurf soll in der kommenden Woche in den Bundestag eingebracht und möglichst am 17. Dezember vom Bundesrat gebilligt werden, damit es rechtzeitig zum kommenden Jahr in Kraft treten kann.

Hartz-IV-Empfänger können für das kommende Jahr nicht mehr auf eine zweimalige Erhöhung des Arbeitslosengeldes II setzen. Die Bundesregierung korrigierte Pläne, den Regelsatz zum Anfang und zur Mitte nächsten Jahres anzuheben. Der bisher übliche Termin für die jährliche Anpassung des Arbeitslosengeldes II wird stattdessen generell vom 1. Juli auf den 1. Januar eines jeden Jahres verschoben.