Umfrage: Drei Viertel der Bürger trauen den Politikern nicht mehr zu, die wichtigsten Probleme zu lösen. In Parteien will sich kaum einer engagieren.

Gütersloh. Mehr als drei Viertel der Menschen in Deutschland trauen den Politikern nach einer Umfrage kaum noch zu, die wichtigsten Probleme zu lösen. Vor allem Jüngere fordern darum eine stärkere Beteiligung der Bürger, wie es in einer Emnid-Umfrage im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung heißt. Demnach wünschen sich 59 Prozent der unter 50-Jährigen mehr direkten Einfluss auf politische Entscheidungen. Drei Viertel der Bevölkerung gaben an, sie würden sich häufiger beteiligen, wenn es mehr Bürgerbegehren und Volksentscheide gäbe.

Derzeit gilt in der Bevölkerung vor allem der Volksentscheid als erfolgversprechend. Mehr als 70 Prozent der Befragten halten ihn für die wirksamste Form der Bürgerbeteiligung. Hingegen sind klassische Beteiligungsformen wie das Mitwirken in Parteien und Verbänden wenig attraktiv: Nur 9 Prozent geben an, sich schon dort engagiert zu haben.

„Politik ist das Suchen nach einer besten und mehrheitsfähigen Lösung“, sagte Jörg Dräger, ehemaliger Hamburger Wissenschaftssenator, vom Vorstand der Stiftung. „Deshalb dürfen klassische Politik und die Bemühungen der Bürger nicht miteinander konkurrieren, sie müssen sich ergänzen.“ Der Umfrage zufolge wünschen sich die Menschen in Westdeutschland vor allem mehr Mitspracherecht bei der Wirtschafts- und Bildungspolitik. Die Ostdeutschen hätten in erster Linie gerne mehr Einfluss in der Familienpolitik und in der Umweltpolitik.

Nahezu jeder zweite Befragte möchte sich stärker an Entscheidungen auf Gemeindeebene beteiligen. 34 Prozent wünschen sich dies auf der Ebene der Bundesländer, 31 Prozent auf Bundesebene. Dagegen wollen nur 17 Prozent mehr Beteiligung auf europäischer Ebene.