Rund 2000 Schlecker-Filialen werden mindestens schließen. Verdi verhandelt noch über rund 280 Filialen. Auch Hamburg ist mit 28 betroffen.

Ehingen/Berlin. Schlecker macht Ernst: Mindestens 2000 Filialen werden in eineinhalb Wochen schließen. Während die insolvente Drogeriekette am Mittwoch die Schließliste veröffentlichte, begannen die Mitarbeiterinnen der insolventen Drogeriekette mit den Vorbereitungen für den Räumungsverkauf und Rabattaktionen von bis zu 30 Prozent. Übernächsten Sonnabend (24. März) sollen die betroffenen Läden zum letzten Mal öffnen. Welche der annähernd 12.000 betroffenen Mitarbeiterinnen ihre Jobs verlieren, steht erst fest, wenn der Sozialplan ausgehandelt ist.

Von der Insolvenz sind in Hamburg knapp 30 Filialen betroffen. Demnach sollen in der Hansestadt 28 Märkte des Unternehmens geschlossen werden, wie aus der Schließungsliste hervorgeht.

Auf der 40 Seiten langen Schließliste sind Märkte von Aachen bis im niederbayerischen Zwiesel aufgeführt. Nach Angaben eines Sprechers sind die Angaben der Filialschließungen noch vorläufig, solange der Insolvenzverwalter, Arndt Geiwitz, mit dem Betriebsrat verhandelt. Weiter wird um Staatshilfen für die Drogeriekette gestritten – Bund und Länder schieben sich gegenseitig den „Schwarzen Peter“ zu. Möglicherweise kann es bei den Schließungen nach dpa-Informationen noch zu kleinen Veränderungen kommen – doch ist das Aus für die Läden ziemlich sicher. Von rund 400 weiteren Filialen, die noch auf wackeligen Füßen standen, sind dem Vernehmen nach rund 120 gerettet, über 280 spricht Geiwitz noch mit den Arbeitnehmervertretern. Unlängst zählte Schlecker in Deutschland noch rund 5400 Filialen.

Welche Mitarbeiterinnen ihre Jobs verlieren, ist noch unklar. Die genaue Zahl der Entlassungen steht aber erst fest, wenn der Sozialplan für die insolvente Drogeriekette ausgehandelt ist. Verdi und die Betriebsrätinnen erhielten am Mittwoch eine erste Namensliste. „Ich gehe davon aus, dass wir am kommenden Wochenende zu Entscheidungen kommen werden“, sagte Bernhard Franke, der zuständige Verdi-Verhandlungsführer. Doch gerade bei der Auswahl der Entlassungen nach Betriebszugehörigkeit, Alter und anderen Kriterien seien die Entscheidungen extrem schwierig. Geiwitz will 11.750 Stellen streichen, um ab April mit schwarzen Zahlen das Unternehmen weiterzuführen. Ein Verdi-Sprecherin erklärte, der Gewerkschaft fehle weiter ein Konzept, wie es mit den verbleibenden Filialen weitergehen solle. Am Donnerstag seien bundesweit Betriebsversammlungen und Kundgebungen geplant.

+++ Schließungsliste im Internet: schlecker-blog +++

Kriterien nicht erfüllt: Bund lehnt KfW-Kredit für Schlecker ab

Die Diskussion um Staatshilfen wird derweilen immer heftiger. Das Bundeswirtschaftsministerium stellte klar, dass insolvente Firmen wie Schlecker nicht für Programmkredite der Staatsbank KfW antragsberechtigt seien. Wirtschaftsstaatssekretär Bernhard Heitzer verwies in einem am Mittwoch bekanntgewordenen Schreiben an Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid und die Stuttgarter Arbeitsministerin Katrin Altpeter (beide SPD) darauf, dass das Land zuständig sei, in dem das Unternehmen sitze. Auch hätten die Länder eigene Förderinstitute.

Im Stuttgarter Landtag gab es eine heftige Kontroverse. „Wollen Sie eisig schweigen?“, fragte Schmid am Mittwoch in einer aktuellen Debatte im Stuttgarter Landtag die Fraktionen von CDU und Liberalen. „Die Uhr tickt.“ Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) habe sich quergestellt und einen 70-Millionen-Kredit für die Transfergesellschaft verweigert. „Diese Frauen haben nicht die Gleichgültigkeit und Hochnäsigkeit des Herrn Rösler verdient.“ Schmid wollte sich am Mittwoch bei einem Treffen mit Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nochmals für Hilfen stark machen.

Die Opposition hielt dem Minister schädlichen Aktionismus vor. „Das ist primär keine staatliche Aufgabe, sich da einzumischen“, sagte der liberale Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Schmid betreibe „reinen Populismus auf dem Rücken der Schlecker-Mitarbeiter“. Es gebe 3800 offene Stellen für Verkäuferinnen und Kaufleute im Land. Zudem könnten viele Frauen bei den Schlecker-Konkurrenten dm, Rossmann und Müller unterkommen. Verdi drängte erneut auf die Staatshilfen – das „Schwarzer-Peter-Spiel“ müsse endlich aufhören, forderte Gewerkschaftschef Frank Bsirske. Viele Beschäftigte seien über 50 und nicht gut ausgebildet – ihnen könne eine Transfergesellschaft helfen. (dpa)