Ergebnisse sorgen für Auseinandersetzung mit Opposition und FDP. SPD-Vize Aydan Özoguz hält dem Innenminister Friedrich Populismus vor.

Berlin. Ob Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) mit dieser Aufregung gerechnet hatte? Eine Studie aus seinem Haus brachte die Debatte um die Integration junger Muslime gestern jedenfalls wieder kräftig ins Rollen. Der Studie zufolge ist fast die Hälfte der nicht deutschen Muslime nicht willig, sich zu integrieren. Knapp ein Viertel der Muslime mit deutschem Pass zeige diese Tendenz ebenfalls.

Neben den Integrationsunwilligen machte die Studie aber auch eine Gruppe von "Integrationsfeinden" aus: 15 Prozent der deutschen und sogar 24 Prozent der nicht deutschen Muslime pflegten eine starke Abneigung zum Westen und zeigten überhaupt keine Tendenz, sich zu integrieren. Mehrheitlich wollen sich Muslime der Studie zufolge aber in die deutsche Gesellschaft einfügen und lehnen Terrorismus und Fanatismus ab. 78 Prozent der deutschen Muslime und 52 Prozent der nicht deutschen Muslime zeigten sich in Interviews mit den Wissenschaftlern weltoffen.

Allerdings gaben fast alle Probanden an, sich als Muslime von der westlichen Gesellschaft diskriminiert zu fühlen. Die deutsche Gesellschaft beschreiben sie als distanziert-abweisend. Auch in Medienberichten fühlten sie sich durchweg negativ dargestellt. Die Berichterstattung empfanden sie weniger als informativ und sachlich aufklärend, sondern eher als manipulativ und emotionsschürend. Einige Muslime flüchteten sich darum auch in fundamentalistische Angebote im Internet. Vier Prozent der deutschen und 14 Prozent der nicht deutschen Muslime besuchten häufig oder sehr häufig solche Internetseiten. Viele sagten auch, dass sie, wenn sie Hilfe brauchten, diese eher in ihrer Moschee fänden.

+++ Studie stellt Muslime als integrationsunwillig dar +++

+++ Kommentar: Probieren geht über Studieren +++

+++ Junge Muslime nicht interessiert an Integration? +++

Innenminister Friedrich nannte die Zahl Unwilliger "überraschend hoch" und zeigte sich besorgt. Er sagte der "Bild-Zeitung mit Blick auf die Ergebnisse: "Wir akzeptieren nicht den Import autoritärer, antidemokratischer und religiös-fanatischer Ansichten." Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, konterte, Friedrich selbst zeige keine Integrationsbereitschaft. "Integration ist ein wechselseitiger Prozess der Anerkennung und Forderungen." Becks Fraktionskollege Memet Kilic ergänzte, nicht Religion oder Einwanderungsgeschichte seien die entscheidende Ursache für Jugendgewalt, sondern Chancen- und Perspektivlosigkeit. Kilic warf Unionspolitikern vor, soziale Probleme zu ethnisieren und damit auf eine Spaltung der Gesellschaft abzuzielen.

Die SPD sprach von Populismus. "Wer sich seriös mit der Abschottung und Gewaltbereitschaft von Jugendlichen befassen will, sollte dies nicht mit der offensichtlichen Intention tun, ganze Religionsgemeinschaften dem Populismus preiszugeben", erklärte die SPD-Integrationsbeauftragte und Hamburger Bundestagsabgeordnete Aydan Özoguz.

Kritik an der Studie kam auch aus der FDP. Er müsse sich schon wundern, dass das Innenministerium erneut Steuergelder darauf verwende, eine Studie zu finanzieren, die Schlagzeilen produziert, aber keinerlei Erkenntnisse, sagte der integrationspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Serkan Tören, der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Religiosität und Gewalt seien kein Automatismus, "das beweisen andere Studien und meine persönliche Erfahrung", sagte der türkischstämmige Politiker.

Die CSU dagegen äußerte sich besorgt über die Ergebnisse der Studie und vor allem über die hohe Gewaltbereitschaft junger Muslime. "In einem friedlichen und freiheitlichen Land wie Deutschland ist für religiösen Fanatismus kein Platz", erklärte der CSU-Innenexperte Stephan Mayer. Er forderte alle muslimischen Verbände dazu auf, sich für die Integration auszusprechen und von fanatischen Ansätzen deutlich zu distanzieren. Die Autoren der Studie sehen Religion oder Identifikation mit einer nicht deutschen Kultur aber nicht als integrationshemmend an. Muslime radikalisierten sich eher, wenn sie den Bezug zu ihrer Herkunftskultur verlören, aber nicht von der neuen Gesellschaft aufgenommen würden. Die Wissenschaftler rieten dazu, weniger restriktive Maßnahmen wie "Kopftuchverbote" anzugehen.