In einem Schulungsprojekt erfahren Migranten, wie unsere Gesellschaft funktioniert. Abdelmounem Musa Abdalla nimmt das Angebot an.

Norderstedt. In seiner Heimat war Abdelmounem Musa Abdallla Rechtsanwalt. Bis 2010. Seitdem gehört er zu dem Heer von Flüchtlingen, die vor den Streitkräften der Regierung und den mit der Regierung verbündeten Milizen und militanten Gruppen geflohen sind. Sie begehen weiterhin Verbrechen an der Zivilbevölkerung. Sie morden, vergewaltigen und bombardieren ganze Wohngebiete.

In Garstedt hat der 40 Jahre alte Sudanese eine neue Heimat gefunden, hat hier sogar geheiratet. Aber die Menschen in seiner Heimat liegen ihm am Herzen. Abdelmounem will ihnen helfen - auch wenn er inzwischen Tausende von Kilometern entfernt wohnt, hat er die Schreckensherrschaft, die Gewalt und die Willkür nicht vergessen.

Er weiß, dass viele Kinder, die dazu gezwungen wurden, in den Krieg zu ziehen, inzwischen in den Gefängnissen sitzen. Er kann diese Kinder nicht befreien, aber er will versuchen, ihnen das Leben etwas erträglicher zu machen. Deshalb hat Abdelmounem eine Organisation gegründet, um diesen Kindern zu helfen. 400 Euro hat er bereits an seine Freunde im Sudan geschickt. Sie sollen damit Fußballturniere in Gefängnis organisieren. Ein kleiner Schritt, aber immerhin ein erster in eine bessere Zukunft.

Auch um die Rechte der Frauen will sich Abdelmounem Musa Abdallla kümmern. Denn wirkliche Rechte haben diese Frauen nicht. "Wir suchen nach Wegen, wie das alles geändert werden kann." Die Teilung und die Wiedervereinigung Deutschlands ist für den Sudanesen ein gutes Beispiel, wie mit den positiven und negativen Folgen einer solchen Entwicklung umgegangen werden kann.

Der Rechtsanwalt macht jetzt einen weiteren Schritt, um seine Demokratiekenntnisse zu vertiefen. Seit Januar nimmt er an einem Partizipationsprojekt der Arbeiterwohlfahrt Schleswig-Holstein teil. Noch bis Anfang März wird Frauen und Männern mit Migrationshintergrund in verschiedenen Seminaren beigebracht, wie die Gesellschaft gemeinsam gestaltet werden kann. "Die Teilnehmer der Kurse sollen ihr Wissen auch an andere Migranten weitergeben", sagt Heide Kröger, Integrationsbeauftragte der Stadt Norderstedt. Auch in Norderstedt wird eine Migrantengruppe geschult.

Robieh Amir, 48, ist schon 1992 aus Afghanistan nach Deutschland geflüchtet. Sie hat in der Ukraine Psychologie studiert und in ihrer Heimat als Chefredakteurin einer Zeitung gearbeitet, zurzeit ist sie arbeitslos. Aber sie steckt voller Energien: Robieh Amir hat zusammen mit anderen einen Verein gegründet, um in ihrer Heimat Kinderheime zu bauen. In Herat im westlichen Afghanistan gibt es bereits ein solches Haus, in dem obdachlose Kinder Obhut finden. Im vergangenen Jahr hat Robieh Amir, die im Norden Hamburgs wohnt, als afghanische Delegierte am Weltfrauenkongress in Caracas teilgenommen. Auch ihr geht es um die Stärkung der Rechte von afghanischen Frauen. "Ich bin sprachlos, was mit den Frauen in meiner Heimat geschieht", sagt sie. "Die Frauen in Afghanistan müssen endlich menschliche Rechte haben." Sie berichtet von Männern, die ihre Frauen regelrecht schlachten.

Auch für Frau Amir ist das Migrationsprojekt der Awo eine Möglichkeit, einen weiteren Schritt in Richtung Demokratieverständnis zu machen. In Norderstedt haben die Teilnehmer des Awo-Projektes vieles über Kindergärten und allgemeinbildende Schulen erfahren, Stadträtin Annette Reinders hat einen Vortrag über das politische System einer Kommune gehalten, es wurde ihnen beigebracht, wie ein Verein gegründet werden kann und wie mit dem Vereinsrecht umgegangen wird, es ging um Kranken- und Pflegeversicherung und aktive Teilnahme am Wohnumfeld. Am vergangenen Sonnabend berichteten Mitarbeiter des Rathauses über Öffentlichkeitsarbeit. Mitarbeiter des Hamburger Abendblattes erklärten, wie die Pressemitteilungen für die Leser aufbereitet werden.

An jeweils einem Tag in der Woche wird den Teilnehmern mehrere Stunden lang vieles beigebracht, was für ein aktives Leben in Deutschland nötig ist. Integrationsbeauftragte Heide Kröger hofft, dass sich viele Schulungsteilnehmer aktiv in den verschiedenen Gesellschaftsbereichen engagieren - zum Beispiel im Plenum Migration und Integration - oder Interesse an der Kommunalpolitik zeigen. Abdelmounem Musa Abdallla und Robieh Amir sind durch das Awo-Projekt jedenfalls entscheidende Schritte vorangekommen, um den Menschen in ihrer Heimat zu helfen.

Im Anschluss an die Schulungsreihe beginnt mit Hilfe von Projektleitern die Organisation von Folgeveranstaltungen, die von geschulten Multiplikatoren in ihrer Herkunftssprache geleitet werden.

Entdecken Sie Top-Adressen in Ihrer Umgebung: Nachhilfe in Hamburg