CDU-Vizefraktionchef Krings wirft der Justizministerin wegen ihrer Nichtunterzeichnung einen Alleingang vor. Bosbach verteidigt Vertrag.

Berlin. In der schwarz-gelben Koalition ist ein handfester Streit streitet über den richtigen Umgang mit dem Acta-Abkommen ausgebrochen. Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Günter Krings (CDU) warf Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) einen Alleingang vor, weil sie die Unterzeichnung des umstrittenen Urheberrechtsabkommens durch Deutschland vorerst ausgesetzt habe. Sie solle sich zu den Inhalten des Abkommens bekennen, forderte er in den „Passauer Neuesten Nachrichten“ vom Montag. Auch CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach verteidigte den internationalen Vertrag in der „Rheinischen Post“. „Was im realen Leben verboten ist – das Kopieren fremden geistigen Eigentums – muss auch im virtuellen Leben verboten sein“, sagte Bosbach.

Die Justizministerin verlangt Klarheit von der EU-Kommission über mögliche rechtliche Auswirkungen des umstrittenen Anti-Produktpiraterie-Abkommens Acta. „Europaparlamentarier stellen die Frage, ob die Kommission neue Rechtsetzung beabsichtigt. Diese Frage muss umfassend beantwortetet werden“, sagte die FDP-Politikerin ebenfalls der „Passauer Neuen Presse“. Sie fügte hinzu: „Alle wesentlichen Kritikpunkte, die sich auf Urheberrechtsschutz und Internet konzentrieren, müssen vom Europäischen Parlament und der Kommission beantwortet werden.“

Das Acta-Abkommen hatten elf Staaten und Staatenbünde 2010 ausgehandelt: Australien, Kanada, die EU, Japan, Südkorea, Mexiko, Marokko, Neuseeland, Singapur, die Schweiz und die USA. Die EU hat die Vereinbarung im Januar unterzeichnet, sie muss aber noch vom EU-Parlament und vom Bundestag gebilligt werden. Der Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Altmaier, äußerte Verständnis für die Acta-Proteste. „Wenn sich an einem kalten Wintermorgen über 50.000 Menschen bundesweit versammeln, ist das auch ein Zeichen dafür, dass wir neue Kommunikationsstrukturen im Internet haben“, sagte Altmaier am Montag in der ARD. Am Wochenende hatten Zehntausende Menschen in ganz Europa gegen das umstrittene internationale Urheberrechtsabkommen Acta demonstriert. Die Acta-Gegner befürchten eine ausufernde Überwachung im Internet.

Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach wies die massive Kritik an dem geplanten Abkommen zurück. Es gehe um eine „grundsätzliche Weichenstellung“, wie die Urheberrechte im Netz künftig geschützt werden könnten. „Die Acta-Kritiker müssten sagen, wie sie das sicherstellen wollen“, forderte der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses vor allem in Richtung von Piratenpartei und Grünen, die die Anti-Acta-Proteste unterstützen.

Nach bundesweiten Demonstrationen von mehreren zehntausend Menschen allein in Deutschland gegen das Anti-Piraterie-Abkommen war die Diskussion über das Urheberrecht im Internet am Wochenende neu entbrannt. Regierungssprecher Steffen Seibert schrieb am Sonntag im Kurzmitteilungsdienst Twitter, die Bundesregierung stehe weiter dazu, dass geistiges Eigentum auch im Netz geschützt werden müsse. In der Debatte dürfe nicht vergessen werden, dass mit „Raubkopien, Patentverletzungen u. Fälschungen“ jährlich Schaden in Milliardenhöhe verursacht werde. Grünen-Chefin Claudia Roth und Vorstandsmitglied Malte Spitz sprachen hingegen nach den Protesten in mehr als 50 deutschen Städten am Sonnabend von einem „fulminanten Signal gegen Acta und für lebendige Demokratie im digitalen Zeitalter“. Erst am Freitag hatte die Bundesregierung die Unterzeichnung wegen Bedenken von Leutheusser-Schnarrenberger vorerst ausgesetzt. Acta wurde am 26. Januar von der EU sowie von 22 der 27 Mitgliedsstaaten unterzeichnet. Der Vertrag regelt unter anderem die „Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im digitalen Umfeld“. Die Gegner kritisieren, das Abkommen sei in Geheimverhandlungen unter Mitwirkung von Lobbyisten der Musik- und Filmindustrie zustande gekommen.

Mit Material von dpa/rtr