Wulff nutzte als Ministerpräsident Firmen-Handy seines Freundes Groenewald, der ihm auch andere Dinge finanzierte. Aber er zahlte.

Berlin. Die kleinen Affären um den Bundespräsidenten Christian Wulff nehmen keine Ende. Wulff hat in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident über Monate ein Handy genutzt, das einer Firma des befreundeten Filmfinanziers David Groenewold gehörte. Das bestätigte Groenewolds Anwalt der Zeitung „Die Welt“ (Samstagausgabe). Es gebe nach Angaben des Anwalts einen Überlassungsvertrag vom 26. Oktober 2005 für ein Nokia-Mobiltelefon.

Dieser Vertrag sei von Christian Wulff unterschrieben. „Die Nutzung erfolgt entgeltlich. Wulff hat drei Tage nach Eingang der Telefonrechnung den Betrag zu überweisen auf das Konto von David Groenewold“, heißt es laut „Welt“ in dem Vertrag. Dieser soll fast ein Jahr gelaufen sein.

Der Groenewold-Anwalt sagte der Zeitung: „Mein Mandant bedauert es zutiefst, dass ein weiterer Freundschaftsdienst ein falsches Licht auf seine Beziehung zu Christian Wulff wirft. Aus dem Überlassungsvertrag für das Handy ist keiner Seite ein Vorteil erwachsen.“

Das Land Niedersachsen will unterdessen die Hotelkosten für die umstrittene Teilnahme des damaligen CDU-Ministerpräsidenten Christian Wulff am Deutschen Filmball in München übernehmen. Die Staatskanzlei forderte bei der Firma Zentis die Rechnung an, wie Regierungssprecher Franz Rainer Enste am Samstag auf dapd-Anfrage sagte. Er bestätigte damit einen Bericht des Magazins „Focus“.

Der Marmeladenhersteller hatte 2010 für den heutigen Bundespräsidenten und seine Frau den Eintritt sowie die Hotelkosten beim Filmball übernommen. Laut „Focus“ hatte Wulff in einer dienstlichen Erklärung angegeben, durch die Annahme der Freikarten nicht in der Erfüllung seiner Amtspflichten beeinflusst zu werden.

Bundespräsident Christian Wulff ist noch bis Samstag in Finnland unterwegs. Am Montag will Wulff zum Staatsbesuch nach Italien reisen.

Wulff-Affären: Forderung nach strengen Korruptionsregeln

Wegen der Affären um Christian Wulff überdenken Wirtschaft und Parlamentarier die Regeln für den Umgang zwischen Politikern und Geldgebern. Der oberste Tugendwächter der deutschen Wirtschaft, Klaus-Peter Müller, forderte im Magazin „Wirtschaftswoche“ strengere Vorgaben für Zuwendungen an Politiker und Parteien. Das Sponsoring, bei dem Unternehmen Aktivitäten von Politikern finanzieren, „nehmen wir völlig neu in den Blick“, sagte der Chef der Corporate-Governance-Kommission der Bundesregierung, der auch Aufsichtsratschef der Commerzbank ist. „Bei Amtsträgern wird man künftig noch vorsichtiger sein müssen.“

Besonders problematisch findet Müller, wenn Unternehmen und Verbände staatliche Veranstaltungen sponsern. „Ich halte das für eine unzulässige Bettelei des Staates.“ Wolle der Staat durch Feste repräsentieren, solle er dies mit Steuergeld tun. „Wenn der Bundespräsident das Geld dafür nicht in seinem Etat hat, dann muss er es eben lassen.“ Fraglich sei auch, ob die „unendliche Menge“ an Festen nötig sei. Müller: „Wenn wir das alles abschaffen, würde die Demokratie darunter nicht leiden.“

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, sagte der „Wirtschaftswoche“: „Es ist falsch, dass Sponsoring bisher im Parteiengesetz nicht geregelt ist. Wir wollen, dass Sponsorenbeiträge der Höhe nach begrenzt und ab einer bestimmten Höhe anzeigepflichtig werden.“ Auch die Grünen sehen Handlungsbedarf. Ihr Innenexperte im Bundestag, Wolfgang Wieland, sieht nun Chancen für ein neues Parteienfinanzierungsgesetz. „Wir müssen den Anschein vermeiden, dass Sponsoren Politiker kaufen.“

Bisher ist Politik-Sponsoring im Gegensatz zu Parteispenden kaum gesetzlich geregelt. Der Sponsoring-Bericht listet zu den Gaben an den Bund für 2009 und 2010 laut „Wirtschaftswoche“ insgesamt 93,4 Millionen Euro an Zuwendungen auf. Am meisten profitierte das Gesundheitsministerium, das rund 60 Millionen Euro bekam.

Die Vorsitzende der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International, Edda Müller, forderte Wulffs Rücktritt wegen der seit Dezember bekanntgewordenen Affären. „Wenn der Bundespräsident selbst nicht die Größe aufbringt, das höchste Amt im Staat zu schützen, müssen es jetzt andere tun“, sagte Müller dem Magazin „Focus“. Deutschland habe im Kampf gegen Korruption zuletzt viel erreicht. „Viele kleine Beamte fühlen sich verschaukelt, wenn sie hören, wie ungeniert Christian Wulff Vorteile genossen hat.“

Mit Material von dapd und dpa