Der Bundespräsident soll laut NDR von der Sponsorenwerbung für den Nord-Süd-Dialog durch seinen Ex-Sprecher Olaf Glaeseker gewusst haben.

Hamburg/Hannover/Berlin. Bundespräsident Christian Wulff hat nach einem Medienbericht möglicherweise doch Kenntnis über das Einwerben von Sponsorengeldern für den Nord-Süd-Dialog 2009 durch die niedersächsische Staatskanzlei gehabt. Nach einem Bericht des NDR-Magazins „Menschen und Schlagzeilen“ liegt der Redaktion ein Schreiben von Christian Wulffs damaligem Regierungssprecher Olaf Glaeseker vor, die diesen Verdacht aufkommen lässt. In der E-Mail vom 17. September 2009 an die Deutsche Messe AG Hannover beziehe sich Glaeseker ausdrücklich auf den damaligen Ministerpräsidenten. Im Wortlaut heiße es: „Wir würden uns auch im Namen von Ministerpräsident Christian Wulff freuen, wenn wir auch in diesem Jahr die Deutsche Messe wieder als Sponsor für die Veranstaltung gewinnen könnten.“ Bisher hatte der Bundespräsident beteuert, nichts über eine Einwerbung von Geldern für den Nord-Süd-Dialog gewusst zu haben.

Unterdessen hat die CDU in Niedersachsen den Chef der Grünen-Landtagsfraktion, Stefan Wenzel, wegen seiner „Lügner“-Aussage gegenüber Bundespräsident Christian Wulff heftig kritisiert. „Wenzel hat mit seiner Äußerung die Schwelle der Strafbarkeit überschritten“, sagte Landtagsfraktionschef Björn Thümler der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die Ankündigung des Grünen-Politikers, die Aussage nicht wiederholen zu wollen, reiche bei weitem nicht aus, um den Schaden wieder gut zu machen.

+++ Angriffe gegen Wulff: SPD will vor Verfassungsgericht +++

+++ Nächster Vertrauer Christian Wulffs in der Kritik +++

„Wenn man immer wieder sagt, wir wollen das Amt nicht beschädigen, dann darf man nicht sagen, dass der Bundespräsident lügt. Wir sollten in der Ton- und Wortwahl abrüsten und auf eine sachliche und menschlich angemessene Ebene zurückkehren.“ Wenzel hatte im Rahmen der laufenden Debatte um den umstrittenen Nord-Süd-Dialog Wulff als „Lügner“ bezeichnet. Wulffs Staatskanzleichef Lothar Hagebölling, heute Chef des Bundespräsidialamtes, hatte dem Landtag im April 2010 mitgeteilt, es habe keine Beteiligung oder Finanzierung durch das Land Niedersachsen gegeben. Am Wochenende wurde dann bekannt, dass das Landwirtschaftsministerium 3411 Euro für Kochbücher gezahlt haben soll, die auf der Party als Geschenke verteilt worden waren. Wulffs einstiger Regierungssprecher und späterer Präsidentensprecher Olaf Glaeseker steht in dem Zusammenhang unter Korruptionsverdacht. Inzwischen steht zudem fest, dass die Landesregierung damals sehr wohl an der Organisation der privat organisierten Lobby-Veranstaltung beteiligt war.

Die deutsche Vorsitzende der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International, Edda Müller, warf Wulff vor, möglicherweise gesetzwidrige Aktivitäten Glaesekers geduldet und selber Privatinteressen in unzulässiger Weise mit seinem Amt vermengt zu haben. Wulff habe als Ministerpräsident in Niedersachsen offenbar nicht geprüft, ob Glaeseker für die Unterstützung des Nord-Süd-Dialogs des Privatveranstalters Manfred Schmidt private Gegenleistungen erhalten habe, sagte Müller „Zeit Online“. „Er hat offensichtlich nicht gefragt, weil er es wohl gar nicht wissen wollte.“ Thümler begrüßte zugleich das Verfahren, das die SPD vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg anstrengen will. Das Verfahren könne dazu beitragen, die völlig überhitzte Debatte wieder abzukühlen. „Der von der SPD vermutete Verstoß gegen die Verfassung setzt voraus, dass die heutige und die vorherige Landesregierung nicht nur objektiv unrichtig, sondern vorsätzlich unrichtig geantwortet haben.“ Thümler betonte, er sei zuversichtlich, dass der Staatsgerichtshof einen vorsätzlichen Verstoß verneinen werde. „Nach dem, was wir jetzt wissen, hat es zum einen eine ärgerliche Kommunikationspanne gegeben, zum anderen sind Informationen von Olaf Glaeseker bewusst zurückgehalten worden.“

Wulff selbst hatte sich am Sonntag bei einer Veranstaltung in Berlin offen für eine Aufklärung der Vorwürfe gezeigt: „Sollte jetzt doch Steuergeld hineingeflossen sein, hätten wir dem Parlament gegenüber nicht die Wahrheit gesagt – dies ist ein ernster Vorgang, der zu Recht jetzt vermutlich vom Staatsgerichtshof geklärt werden muss.“ Wulff steht bereits seit Wochen vor allem wegen eines umstrittenen Hauskredits in der Kritik.

Mit Material von dpa/rtr/dapd