Mehrere Namen sind im Gespräch. In der CDU sind laut einem Medienbericht viele für eine Kandidatur von Ministerin Ursula von der Leyen.

Berlin. Am Tag nach dem Rücktritt von Bundespräsidenten Horst Köhler hat die Suche nach einem Nachfolger begonnen. Die Spitzen der schwarz-gelben Koalition wollen möglichst rasch einen Vorschlag für Köhlers Nachfolge präsentieren. Die Parteichefs von CDU, CSU und FDP - Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Vizekanzler Guido Westerwelle – berieten am Dienstag im Kanzleramt darüber. Später sollten die Fraktionschefs dazugerufen werden, hieß es. Im Gespräch waren zunächst Finanzminister Wolfgang Schäuble, Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, Bundestagspräsident Norbert Lammert und der frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer.

Bundestagspräsident Norbert Lammert berief unterdessen zum 30. Juni die Bundesversammlung nach Berlin ein, um ein neues Staatsoberhaupt zu wählen. Der Tag sei in Rücksprache mit dem Bundesrat, der Bundeskanzlerin sowie den Partei- und Fraktionsvorsitzenden des Bundestags gewählt worden, sagte Lammert am Dienstag. Der CDU-Politiker erklärte, dieser Mittwoch sei ein spielfreier Tag bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika – „was mich auf einer vollständige Besetzung der Bundesversammlung hoffen lässt“. Nach dem überraschenden Rücktritt Horst Köhlers vom höchsten Staatsamt am Montag muss innerhalb von 30 Tagen ein Nachfolger gewählt werden. Das schwarz-gelbe Lager hat ersten Berechnungen zufolge eine deutliche Mehrheit in der 14. Bundesversammlung.

Merkel hatte am Montagabend mit Verweis auf die Mehrheit von Schwarz-Gelb in der Bundesversammlung einen gemeinsamen Vorschlag von Union und FDP angekündigt. Sie sagte in ARD und ZDF, es gebe inzwischen eine deutliche Mehrheit für Schwarz-Gelb in der Bundesversammlung, was der Regierung die Chance biete, einen „guten Vorschlag“ zu machen. Die Personalie sei aber noch „völlig offen“. Es könne erneut ein Seiteneinsteiger wie Köhler oder ein Politiker sein. Auch sei offen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handeln werde. Der neue Amtsinhaber müsse die Chance haben, von allen akzeptiert zu werden und zu den Menschen sprechen können.

Bereits am Montag waren die Beratungen über die Nachfolge im höchsten Staatsamt angelaufen. Das CDU-Präsidium schaltete sich per Telefon zu einer Konferenz zusammen. Für Dienstag war ein Treffen der Partei- und Fraktionsvorsitzenden von Union und FDP im Kanzleramt geplant. Die Zeit drängt: Binnen 30 Tagen muss laut Verfassung ein neuer Bundespräsident gewählt sein. Bundesratspräsident Jens Böhrnsen , der laut Verfassung nun kommissarisches Staatsoberhaupt ist, forderte die Spitzen in Politik und Gesellschaft auf, nicht sofort über die Nachfolge zu debattieren. Dies gebiete der Respekt vor der Persönlichkeit Köhlers und vor seiner Leistung als Bundespräsident. „Ab Mittwoch können wir den Blick nach vorn richten“, sagte der SPD-Politiker dem Bremer „Weser-Kurier“.

+++Abendblatt-Chefredakteur Claus Strunz zum Rücktritt von Horst Köhler+++

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel appellierte an Merkel, jetzt auch das Gespräch mit der Opposition zu suchen. Wenn die Kanzlerin allerdings die Opposition vor vollendete Tatsachen stellen wolle, dann werde die SPD einen eigenen Kandidaten aufstellen, sagte er im ZDF.

Auch die Grünen warben für einen parteiübergreifenden Kandidaten. „Wir brauchen in dieser ernsten Situation jetzt eine Persönlichkeit an der Spitze des Staates, die über die Partei- und Lagergrenzen hinweg unterstützt und auch in der Bevölkerung breit getragen wird“, sagte Grünen-Chef Cem Özdemir dem „Hamburger Abendblatt“ vom Dienstag. „Angela Merkel sollte deshalb auf die im Bundestag vertretenen Parteien zugehen und sich ernsthaft für einen möglichst breit getragenen Vorschlag einsetzen.“

Unions-Fraktionschef Volker Kauder, der wegen Köhlers Rücktritt seine Türkeireise abgebrochen hatte, sagte im ZDF-Morgenmagazin, jetzt gehe es darum, „eine gute herausragende Persönlichkeit zu finden, die ihm nachfolgen kann“. Köhlers Rücktritt tangiere die Arbeit der Bundesregierung „in keinster Weise“. Es werde trotzdem gelingen, den Haushalt zu sanieren.

Der Vorsitzende im Innenausschuss des Bundestags, der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, sagte im Südwestrundfunk, es müsse rasch ein Kandidat gefunden werden, der in der Bundesversammlung eine möglichst breite Mehrheit habe.

In der CDU gibt es nach einem Bericht der „Leipziger Volkszeitung“ starke Kräfte in der Parteiführung, die für eine Kandidatur von Ursula von der Leyen für das Amt des Bundespräsidenten werben. Der frühere Bundesumweltminister Töpfer, der immer wieder als Kandidat für höchste Ämter gehandelt wurde, sagte im Deutschlandradio Kultur, er gehe davon aus, dass Köhler nicht leichtfertig als Bundespräsident zurückgetreten sei. Künftig müsse aber alles daran gesetzt werden, „dass wir diese Reaktionen, die sich in den wenigsten Fällen so eruptiv äußern, etwas ernster nehmen“.