Der Gewerkschaftschef Michael Sommer dringt auf ein neues Verbot der rechtsextremen Partei, Innenminister de Maizière rät davon ab.

Hamburg/Berlin. Mit 3000 Rechtsextremen auf den Straßen seiner Stadt rechnet Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) für den 1. Mai. Deren Aufmarsch am Tag der Arbeit ist eine Provokation für Gewerkschafter und Linksbündnisse - und lässt abermals Forderungen nach einem Verbot der rechtsextremistischen NPD laut werden.

Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, dringt massiv auf ein neues Verfahren. "Die Zeit für ein NPD-Verbot ist längst überfällig", sagte Sommer dem Hamburger Abendblatt. "Ich finde es unerträglich, dass eine Partei wie die NPD, die rassistisch, nationalistisch, antisemitisch und demokratiefeindlich ist, immer noch nicht verboten ist." Eine verfassungsfeindliche Partei, die die demokratische Ordnung der Bundesrepublik Deutschland abschaffen wolle, dürfe der Staat nicht auch noch finanziell unterstützen, forderte er mit Blick auf die Parteienfinanzierung. Nur durch ein Verbot könne der NPD ein wesentlicher Teil der finanziellen Basis für ihre Propaganda entzogen werden. "Manchmal frage ich mich, worauf die Politik noch wartet?"

2003 war ein erster Versuch von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung, die Partei verbieten zu lassen, vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Die Karlsruher Richter störten sich besonders an den V-Leuten staatlicher Behörden, die in den Führungsgremien der Partei platziert worden waren. Sie machten "Einflussnahmen auf Willensbildung und Tätigkeit unvermeidbar", hieß es damals in der Begründung des Gerichts.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière wandte sich nun gegen einen zweiten Anlauf. "Ich bin gegen ein neues Verbotsverfahren, in dem sich die NPD als politischer Märtyrer darstellen könnte", sagte der CDU-Politiker dem Abendblatt. "Ich befürworte eine politische Auseinandersetzung. Wenn der NPD darüber hinaus auch ökonomisch die Luft ausgeht, ist es umso besser."

Tatsächlich steht rechtsextremistischen Parteien wie der NPD oder der Deutschen Volksunion (DVU) finanziell das Wasser bis zum Hals. Die Mitglieder treten reihenweise aus. Die NPD musste im vergangenen Jahr einen Rückgang von annähernd 200 Mitgliedern hinnehmen. Die wiederholt in Finanzaffären verstrickte Partei brachte es nach Angaben des Kölner Bundesamts für Verfassungsschutz Ende 2009 noch auf 6800 Mitglieder. Deutlicher schrumpfte die Anhängerschaft der DVU. Der Partei kehrten im vergangenen Jahr mehr als 1000 Mitglieder den Rücken. Die Mitgliederzahl der DVU ist mittlerweile auf unter 5000 gesunken - vor zehn Jahren waren es noch 17.000.

Insgesamt werde die rechte Szene allerdings stärker, warnte der Hamburger Rechtsextremismusexperte Andreas Speit, der seit Jahren im Milieu recherchiert und mehrere Bücher dazu verfasst hat. "Viele treten aus der NPD aus, weil ihnen die Partei zu moderat ist", sagte Speit. "Sie organisieren sich dann in den Freien Kameradschaften, die radikaler gegen das System angehen."

Speit hält ein Verbot der NPD auch für ein wichtiges Zeichen der Politik, dass man kein rechtes Gedankengut toleriere. Bei Verboten von Parteien oder Vereinen in der Vergangenheit lasse sich auch nicht feststellen, dass die Anhänger ihre Arbeit im Untergrund weiterführen.

Am 1. Mai wird die NPD durch Berlin marschieren. Die Polizei rechnet mit 10.000 Gegendemonstranten - und sie erwartet Gewalt zwischen Linken und Rechten. DGB-Chef Sommer wandte sich offensiv gegen Randalierer: "An die Adresse von Rechtsextremen und anderen Chaoten, die meinen, den 1. Mai mit Gewaltexzessen missbrauchen zu können, sage ich ganz klar: Der 1. Mai ist der Tag der Arbeit, der 1. Mai ist der Tag der friedlichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer."