Berlin. - Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat den Luftschlag in Kundus, bei dem im September 2009 bis zu 142 Menschen getötet oder verletzt wurden, überraschend deutlich als unnötig bezeichnet. "Es steht außer Frage, dass der Einsatz nicht hätte erfolgen müssen - ja, er hätte nicht erfolgen dürfen", sagte der CSU-Politiker gestern vor dem Kundus-Untersuchungsausschuss. Zugleich übernahm er die Verantwortung für seine erste Fehleinschätzung des tödlichen Luftschlags. Zuvor hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den Afghanistan-Einsatz als alternativlos verteidigt und mehr Rückhalt für die deutschen Soldaten gefordert. Die Folgen eines Abzugs wären "weit verheerender als die Folgen der Anschläge vom 11. September 2001", sagte sie in ihrer Regierungserklärung vor dem Bundestag.

Die SPD will im Untersuchungsausschuss zur Kundus-Affäre eine Gegenüberstellung von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg mit seinen ehemaligen Spitzenberatern erzwingen. Wegen widersprüchlicher Aussagen soll der CSU-Politiker direkt mit seinem ehemaligen Staatssekretär Peter Wichert und dem früheren Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan konfrontiert werden. Es bestehe der Verdacht, dass der Minister „das Parlament, die Öffentlichkeit belügt“, begründete SPD-Obmann Rainer Arnold den Vorstoß am Donnerstagabend nach der Vernehmung Guttenbergs im Ausschuss.

Die Linke will den Antrag unterstützen, die Grünen sind noch unentschlossen. Nach Angaben der SPD reicht ein Viertel der Stimmen im Ausschuss aus, um die Gegenüberstellung durchzusetzen. Da SPD und Linke über 12 von 34 Sitzen im Ausschuss verfügen, wären sie demnach nicht auf die Zustimmung der Grünen angewiesen.

Arnold sah in der Aussage Guttenbergs eine „Kette von Tricks, Vertuschereien und Halbwahrheiten“ und warf ihm „Machtmissbrauch“ vor. Der Minister hatte die Entlassung von Wichert und Schneiderhan damit begründet, dass sie ihm Informationen zu dem von einem Bundeswehroberst befohlenen Luftschlag auf zwei Tanklaster in Nordafghanistan vorenthalten hätten. Das Gespräch, das zu den Entlassungen führte, wurde aber von Schneiderhan und Wichert anders geschildert, als von Guttenberg.

Die Linke will den Antrag der SPD unterstützen. „Das ist unabweisbar“, sagte Obmann Paul Schäfer. „Ob es etwas bringt, wird man dann sehen.“ Der Grünen-Obmann Omid Nouripour äußerte sich zurückhaltend. „Wir werden das in Ruhe beraten“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Der Ausschuss hatte Guttenberg acht Stunden in öffentlicher und geheimer Sitzung vernommen. Das Untersuchungsausschussgesetz sieht Gegenüberstellungen von Zeugen ausdrücklich vor. „Eine Gegenüberstellung mit anderen Zeugen ist zulässig, wenn es für den Untersuchungszweck geboten ist“, heißt es darin.

Vor zehn Jahren kam es schon einmal zu einer Gegenüberstellung in einem Untersuchungsausschuss. Damals ging es um den CDU-Spendenskandal. Der heutige Finanzminister und frühere CDU-Chef Wolfgang Schäuble und die ehemalige CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister wurden gemeinsam vor den Ausschuss geladen. Dabei ging es um unterschiedliche Versionen zur Übergabe einer Spende von 100 000 Mark durch den Waffenhändler Karlheinz Schreiber.