Beamter des Bundesamts für Seeschifffahrt wird für besser dotierten Kassenjob dauerhaft beurlaubt.

Hamburg. Wegen des Börsengangs der Deutschen Bahn hat Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) schon genug Wind von vorn. Jetzt schlägt ihm aus dem eigenen Haus auch noch der Vorwurf der Vetternwirtschaft und unbotmäßiger Werbung entgegen. Nach einem internen Rundschreiben an alle Leiter der Behörden im Geschäftsbereich des Ministeriums soll massiv und einseitig für die Krankenkasse Schwenninger BKK geworben werden. Absender des vertraulichen Schreibens, das dem Abendblatt vorliegt, ist der Ministerialdirektor Robert Scholl, Leiter der Zentralabteilung im Tiefensee-Ministerium. Zwar sollten die Beamten und Angestellten des Ministeriums nicht unter Druck gesetzt oder über die freie Kassenwahl getäuscht werden, heißt es in dem Papier. Werbebroschüren, Aufsteller und mündliche Informationen dürfen aber ausschließlich von der Schwenninger BKK kommen. Es sei gestattet, "die Beschäftigten ausschließlich nur mit Informationen die eigene BKK betreffend zu versorgen".

Dabei verschleiert das Ministerium die Hintergründe. Was als "eigene BKK" daherkommt, ist in Wahrheit längst nicht mehr die ministeriumseigene Kasse. Das war einmal die BKK BVM aus Hamburg.

Die firmiert aber schon seit einigen Jahren als eigenständige Kasse unter dem Namen BKK Besser Vitaler Moderner - und wird zum 1. Januar 2009 fusioniert mit der Schwenninger. Außerdem ist eine Mehrzahl der Ministeriumsmitarbeiter bei der Techniker Krankenkasse (TK) oder die Beamten auch bei der DEVK versichert.

"Es steht Arbeitgebern nicht zu, für ihre Mitarbeiter die Kasse zu bestimmen. Da unterscheidet sich ein Ministerium nicht von Wirtschaftsbetrieben", sagte TK-Sprecher Hermann Bärenfänger dem Abendblatt. Der Spitzenverband Bund der Kassen zeigt die Grenzen der Kassenwerbung auf: "Die Trennlinie ist da, wo die Wahlfreiheit gefährdet ist", sagte Verbandssprecher Florian Lanz.

Deshalb ist auch der CDU-Obmann im Bundestagsverkehrsausschuss, Dirk Fischer, zurückhaltend: "Das Ministerium hat sich nach meinem Eindruck im juristischen Rahmen bewegt. Ob in Zukunft ein Wettbewerber dagegen klagt, vermag ich nicht zu sagen."

Innerhalb des Ministeriums soll nach Abendblatt-Informationen der Anti-Korruptions-Beauftragte bereits alarmiert worden sein. Denn der bisherige Vorstand der BKK BVM wird als Beamter des Hamburger Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrografie seit einigen Jahren beurlaubt. Der Regierungsdirektor S. verdient als Kassenchef (90 304 Euro Jahresgehalt plus Dienstwagen) deutlich mehr als in seiner vorherigen Tätigkeit in Tiefensees Behörde. Und seine juristisch umstrittene Beurlaubung haben ausgerechnet die Ministeriumsbeamten durchgewinkt, die jetzt für die zweifelhafte Kassenwerbung verantwortlich sind.

Dazu liegen dem Abendblatt Unterlagen vor. Normalerweise dürfen Beamte nicht über mehrere Jahre beurlaubt werden. Nach den Unterlagen wird der Sonderurlaub für den besser bezahlten Job mit "dienstlichen Interessen" begründet. S. habe mit dafür gesorgt, dass die Beiträge seiner Kasse nicht so stark steigen und den Etat des Ministeriums belasten. Tatsächlich wurden die Kassenbeiträge der BKK BVM zum Juli dieses Jahres saftig erhöht und lagen mit 15,7 Prozent über dem Bundesdurchschnitt.

Zum 1. Januar fällt dieses Argument ganz weg: Der Gesundheitsfonds beschert Deutschland einen einheitlichen Beitragssatz von 15,5 Prozent. Das Verkehrsministerium wollte sich gestern nicht äußern.