Ein neues Konzept für Stipendien ist in Planung: das BAföG steigt und Begabte werden besser gefördert. Die Wirtschaft und Unis sind dagegen.

Hamburg/Berlin. Das BAföG steigt zum Herbst um durchschnittlich 13 Euro pro Monat, und besonders leistungsfähige Studenten sollen demnächst 300 Euro pro Monat extra erhalten. Dazu hat die Bundesregierung ein Stipendien-Programm aufgelegt, das unabhängig vom Einkommen der Eltern gezahlt wird.

"Jeder junge Mensch soll sich darauf verlassen können, dass seine Entscheidung für eine gute Bildung nicht an finanziellen Hürden scheitert und dass sich besonderes Engagement in der Ausbildung lohnt und honoriert wird", sagte Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU). "Ein bedarfsgerechtes BAföG und ein leistungsabhängiges Stipendium sind dabei die Kernelemente einer modernen Studienfinanzierung, die sich gegenseitig ergänzen."

Von den 300 Euro zahlen 150 Euro Bund und Länder, die andere Hälfte müssen die Hochschulen aufbringen. Sie können Unternehmen und ehemalige Absolventen als Stifter gewinnen. Die Kritik kam prompt: Die Präsidentin der Konferenz der Hochschulrektoren, Margret Wintermantel, begrüßte zwar das Ziel der Regierung, die Studierenden stärker zu unterstützen. Das Stipendienkonzept müsse jedoch im Parlament "deutlich überarbeitet werden". Wintermantel meinte: "So fliegt das Programm nicht."

Auch die Wirtschaft will sich in die "neue Stiftungskultur" (Schavan) nicht sofort einbinden lassen. Die Finanzierung von Stipendien sei keine originäre Aufgabe der Unternehmen, zitierte das "Handelsblatt" aus einer Stellungnahme der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).

Der nordrhein-westfälische Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP), der als Initiator des Stipendienprogramms gilt, sagte: "Die Studenten können sich freuen." Der bayerische Landesvorsitzende des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), Paul Linsmaier, sagte: "Man muss nicht jeden Quatsch mitmachen, nur weil er vom Koalitionspartner vorgeschlagen wird." Die besten Studenten zu fördern sei richtig. "Aber bitte nicht so."

Wenn eine Hochschule mit 30 000 Studenten die besten zehn Prozent ihrer Studenten fördern wolle, müsse sie 5,4 Millionen Euro pro Jahr einwerben. Linsmaier sagte: "Keine zehn Universitäten in Deutschland werden in der Lage sein, das zu stemmen."

In den ostdeutschen Hochschulen gibt es die Befürchtung, beim Eintreiben von Firmengeldern für Stipendien nicht so erfolgreich sein zu können wie die westdeutschen Unis. Dadurch könnten viele Studenten in den Westen ziehen.

Die SPD-Vizevorsitzende Hannelore Kraft warf der Regierung "unerträgliche Klientelpolitik" vor. Es sei belegt, dass Stipendien überdurchschnittlich häufig von Studenten in Anspruch genommen werden, die das Geld gar nicht benötigten. Der hochschulpolitische Sprecher der Grünen, Kai Gehring, sagte: "Ein prekäres Kurzzeit-Stipendium für wenige kann eine verlässliche Studierendenförderung mit Rechtsansprüchen für viele nicht ersetzen." Die BAföG-Erhöhung falle "mickrig" aus.

Das BAföG hat vom kommenden Wintersemester an einen Höchstsatz von 670 Euro im Monat. Im Mittel erhält jeder geförderte Student 13 Euro mehr im Monat. Außerdem steigen die Freibeträge um drei Prozent. Dadurch können theoretisch mehr Studenten BAföG erhalten.

Mit den neuen Sätzen ändert sich auch der Leistungsnachweis beim BAföG-Amt. Nicht mehr die Professoren stellen die Bescheinigung aus. Die Studenten müssen ihre Leistungen anhand ihrer "Credit Points" belegen, die sie für Vorlesungen, Seminare und bestandene Prüfungen erhalten.

Die Bachelor-Absolventen, die erst ins Berufsleben einsteigen und später ihren Masterabschluss machen wollen, erhalten BAföG theoretisch, bis sie 35 Jahre alt sind. Kindererziehungszeiten werden besser berücksichtigt. Künftig werden außerdem eingetragene Partnerschaften wie eheliche Lebensgemeinschaften betrachtet. Das gesamte Paket kostet die Bundesregierung 202, die Länder 171 Millionen Euro.

Das Studentenwerk quittierte die BAföG-Erhöhung erfreut. Allerdings gibt es selbst unter den begabten Studierenden Vorbehalte gegen eine Extraförderung. Über 2000 Stipendiaten der Begabtenförderungswerke wandten sich zuletzt in einem Online-Aufruf gegen die Anhebung ihres monatlichen Büchergeldes auf 300 Euro. Das sei "unverhältnismäßig" hoch angesichts der schlechten finanziellen Lage vieler Studenten.