Berlin. Der Arbeitsmarkt steht im Mittelpunkt der gestern getroffenen Kabinettsbeschlüsse. Die von Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) angestoßenen Neuerungen sollen unter anderem dazu beitragen, Hartz-IV-Empfängern eine Jobperspektive zu geben. Außerdem befasste sich das Kabinett mit der Solarförderung und der Eindämmung der Gesetzesflut.

Kurzarbeit: Das "Beschäftigungschancengesetz" verlängert die Kurzarbeit bis Ende März 2012. Die Arbeitgeber werden von den Sozialbeiträgen zur Hälfte befreit, ab dem siebten Monat gänzlich. Wenn das Kurzarbeitergeld bis Ende 2010 beantragt wird, zahlt die Bundesagentur für Arbeit (BA) längstens 18 Monate, also bis Ende Juni 2012. Ab 2011 gilt für neue Anträge nur eine Laufzeit von sechs Monaten. Derzeit gibt es gut 800 000 Kurzarbeiter. Im Mai 2009 waren es über 1,5 Millionen. Für 2011 rechnet die Regierung im Schnitt mit 260 000 konjunkturbedingten Kurzarbeitern.

Jobcenter: Die Jobcenter zur Betreuung von derzeit fast 6,9 Millionen Hartz-IV-Beziehern werden neu organisiert. Das Grundgesetz wird so geändert, dass die vom Bundesverfassungsgericht Ende 2007 für unzulässig erklärte Kooperation von Kommunen und BA erlaubt ist. Das Kabinett billigte die Begleitgesetze. Auf Wunsch der Union wird die Zahl der Jobcenter, die von Städten in Alleinregie betrieben werden, von 69 auf bis zu 110 erhöht.

Ferienjobs: Schüler aus Hartz-IV-Familien sollen das Geld, das sie mit Ferienjobs verdienen, bis zu 1200 Euro komplett behalten dürfen. Der monatliche Freibetrag von 100 Euro für regelmäßige Schülerjobs gilt weiter.

Alleinerziehende: Der Haushaltsausschuss soll eine Sperre über 900 Millionen Euro aufheben. Mit dem Geld können die Jobcenter Alleinerziehenden, Jugendlichen und älteren Arbeitslosen bessere Angebote machen. In jedem Jobcenter soll künftig eine Beauftragte für Chancengleichheit arbeiten. Sie soll helfen, Mütter in Jobs zu vermitteln, indem sie mit anderen Behörden nach Lösungen für die Kinderbetreuung sucht. Von der Leyen sagte, die Mentalität müsse sich ändern. Es werde noch immer davon ausgegangen, dass alleinerziehende Mütter dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stünden.

Ausbildungsangebot: Hartz-IV-Bezieher unter 25 Jahren sollen binnen sechs Wochen ein Angebot für eine Ausbildung, Arbeit, Qualifizierung oder schulische Weiterbildung erhalten. In der Praxis machen die Jobcenter das schon. Nun wird dies auch im Gesetz verankert.

Rente: Das Kabinett besiegelte die Nullrunde für die rund 20 Millionen Rentner in diesem Jahr. Ohne die 2009 beschlossene Rentengarantie hätten die Renten sogar gekürzt werden müssen, da die Löhne im Jahr 2009 gesunken waren. Auch für 2011 wird erwartet, dass die Renten stagnieren. In den kommenden Jahren wird es nach Ansicht von Experten wenn überhaupt nur geringe Zuwächse für die Rentner geben. Das liegt daran, dass die Rentengarantie in Anspruch genommen wurde. Der Sozialverband Deutschland forderte die Bundesregierung auf, den Nachhaltigkeitsfaktor in der Rente aufzuheben. Durch diesen Faktor können mögliche Rentensteigerungen abgeschwächt werden.

Solarförderung: Die Solarindustrie bekommt 100 Millionen Euro an Sonderfördermitteln. Sie sollen hauptsächlich der Forschung zugutekommen und durch Mittel der Industrie ergänzt werden. In Regierungskreisen hieß es, damit solle vor allem dem Widerstand der Ost-Länder gegen die Kürzung der Sätze für die Einspeisung von Solarstrom begegnet werden.

Entbürokratisierung: Das Kabinett hob mehr als 80 Gesetze und Verordnungen auf. Damit sind zwar immer noch 1716 Gesetze und 2644 Rechtsverordnungen in Kraft. Aber noch vor fünf Jahren hatte es mehr als 5200 gegeben. Ein Beispiel für die Streichliste: das Gesetz über Postkleiderkassen aus dem Jahr 1937.