Genehmigung für Sichtflüge sei “unverantwortlich“. Hamburg will zeitweise auch nachts Starts und Landungen erlauben.

Berlin. Fast vier Tage lang hat die Aschewolke aus Island den Flugverkehr über Europa zum Erliegen gebracht und der Wirtschaft Milliardenschäden zugefügt - jetzt endlich scheint sich die Lage langsam zu entspannen. Bis morgen Abend könnte der Himmel wieder frei von Vulkanasche sein, sagte Bo Redeborn, Direktor der europäischen Flugsicherheitsagentur Eurocontrol, gestern Abend in Brüssel. Die Aktivität des Gletschervulkans habe stark nachgelassen.

Kurz zuvor hatten die EU-Verkehrsminister beschlossen, die Flugverbote über Europa schrittweise zu lockern. Der Luftraum wird nun in drei Zonen eingeteilt: In der ersten gilt ein Flugverbot, in der zweiten kann jeder Mitgliedstaat über die Starterlaubnis entscheiden, und in der dritten Zone ist das Fliegen unbegrenzt erlaubt. Wo genau die Zonen verlaufen, wird heute entschieden. Grundlage dafür sollen Satellitenbilder und Daten der Aschewolke sein.

In Deutschland waren die ersten Maschinen bereits gestern an den Start gerollt: Trotz des bis heute Mittag geltenden Flugverbots hatten sie eine Sondergenehmigung für Sichtflüge erhalten (siehe Infokasten). In Hamburg machte eine Air-Berlin-Maschine den Anfang. Sie verließ Fuhlsbüttel um 18.15 Uhr in Richtung Palma de Mallorca. Nach Angaben von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) haben bisher zehn Airlines Anträge auf Sichtflüge gestellt - darunter die Lufthansa, die noch in der Nacht 15 000 gestrandete Passagiere aus aller Welt mit 50 Jets nach Deutschland holen wollte.

Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit nannte die Sichtflüge "unverantwortlich". "Entweder ist der Luftraum sicher oder er ist es nicht. Dann ist es letztlich egal, nach welchen Regeln man da durchfliegt", sagte Cockpit-Sprecher Jörg Handwerg. Es werde wegen des wirtschaftlichen Drucks nach juristischen Wegen gesucht, das Flugverbot zu umgehen.

Erst gestern war bekannt geworden, dass die Vulkanasche einen Nato-Jet vom Typ F-16 bei einem Testflug über Europa beschädigt hat. Die Maschine sei am Wochenende mit Glas im Triebwerk gelandet, das in der heißen Turbine aus der Vulkanasche entstanden sei, sagte ein hoher US-Beamter in Brüssel. "Man kann fliegen, aber es ist gefährlich."

Hamburg kündigte gestern eine vorübergehende Aufhebung des Nachtflugverbots an. Sobald der deutsche Luftraum wieder freigegeben ist, sollen zwei Nächte lang Maschinen starten und landen dürfen.