Sonderbeauftragter, Hotline, Verschärfung der Leitlinien: Bischöfe haben Konsequenzen aus den Missbrauchsfällen gezogen.

Freiburg/München/Berlin. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann wird das neue Amt eines bundesweit zuständigen Beauftragten für Missbrauchsfälle übernehmen. Das sagte der Vorsitzende der Katholischen Bischofskonferenz (DBK), Robert Zollitsch, zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der katholischen Bischöfe. Den Streit mit Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) um die Aufklärung von Missbrauchsfällen sieht die DBK als erledigt an. Er habe einen Brief der Politikerin mit Klarstellungen erhalten, die die Kirche akzeptieren könne, sagte Zollitsch.

Ackermann steht für lückenlose Aufklärung

Der 46-jährige Ackermann steht beim Thema Kindesmissbrauch für lückenlose Aufklärung. Schon früh erhob der gebürtige Mayener (Eifel) als einer der Ersten im Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche die Stimme: Eine „Verharmlosung oder ein Vertuschen“ dürfe es nicht geben, forderte er. Die Vorgänge seien „erschütternd und verheerend“ für Ansehen und Glaubwürdigkeit der Kirche. Ackermann ist seit Frühjahr 2009 Bischof von Trier, der ältesten Diözese Deutschlands. Er bezieht regelmäßig zu aktuellen politischen, gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Fragen Stellung. Ackermann will sich am Freitag in Trier zu seinen Zielen und Aufgaben äußern.

Bundesweite Hotline und Verschärfung der Leitlinien

Die Bischofskonferenz will außerdem eine bundesweite Telefon- Hotline einrichten für Opfer und deren Angehörige. Die meisten jetzt bekannt gewordenen Missbrauchsfälle liegen Jahrzehnte zurück. Auch die Priesterausbildung soll überarbeitet werden. Bei der in Bonn ansässigen Bischofskonferenz werde eine Koordinationsstelle zur Untersuchung von Missbrauchsfällen und zur Unterstützung der juristischen Strafverfolgung eingerichtet, sagte Zollitsch. Darüber hinaus sollen die acht Jahre alten kirchlichen Leitlinien zur Untersuchung von sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche bis zum August überarbeitet werden. Ziel sei es, die Leitlinien in einigen Punkten zu verschärfen: „Sobald ein Verdachtsfall vorliegt, muss die Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden. Das war bisher nicht immer der Fall“, sagte Zollitsch. „Wir fordern die Gemeinden und besonders die Verantwortlichen in unseren Schulen und der Jugendarbeit auf, eine Kultur des aufmerksamen Hinschauens zu pflegen“, sagte Zollitsch. Die Kirche werde verstärkt auch den Rat von externen Fachleuten suchen.

„Wir wollen von Initiativen der Zivilgesellschaft und Einrichtungen des Staates lernen und zeitnah das Gespräch mit ihnen suchen“, heißt es in einer gemeinsam verabschiedeten Erklärung der 65 an der Tagung beteiligten Bischöfe. Weiter heißt es: „Wir wollen eine ehrliche Aufklärung, frei von falscher Rücksichtnahme, auch wenn uns Vorfälle gemeldet werden, die schon lange zurückliegen.“

Ein Fonds für Entschädigungszahlungen an Missbrauchsopfer sei nicht geplant, sagte Zollitsch. Auch die kirchliche Sexuallehre und das Zölibat, das Keuschheitsgebot für Priester, stünde nicht zur Diskussion.

Streit mit Justizministerin beigelegt

Den Streit mit der Bundesregierung um Äußerungen von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zur Rolle der Kirche im Missbrauchsskandal erklärte die katholische Kirche für beendet. Die Ministerin habe sich in einem Schreiben an die Bischöfe gewandt und ihnen darin den Willen zur lückenlosen Aufklärung bescheinigt. „Ich bin froh und dankbar für diese Klarstellung“, sagte Zollitsch. Für die nächsten Wochen sei ein Gespräch zwischen ihm und der Ministerin vereinbart. Leutheusser-Schnarrenberger hatte der Kirche mangelnde Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden vorgeworfen. Daraufhin hatte Zollitsch der FDP-Politikerin maßlose Polemik vorgehalten und von ihr eine Richtigstellung binnen 24 Stunden gefordert. Ermittlungen wegen sexuellen Missbrauchs im Kloster Ettal

Im Missbrauchsskandal an der Schule des Benediktinerklosters Ettal in Bayern ermitteln unterdessen sowohl die Staatsanwaltschaft als auch ein eigener Sonderermittler. Der Rechtsanwalt Thomas Pfister sei vom Kloster eingesetzt worden, um die Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern aufzuklären, teilte die Benediktinerabtei am Donnerstag mit. Zugleich leitete die Staatsanwaltschaft München ein Ermittlungsverfahren gegen Angehörige des Klosters ein. Insbesondere ein Klosterangehöriger steht im Verdacht, sich an mehreren Kindern vergangen zu haben. Wie viele Missbrauchsfälle, Opfer und Täter es in Ettal insgesamt geben könnte, sei noch unklar. Am Mittwoch war der Ettaler Abt Barnabas Bögle von seinem Amt zurückgetreten. Seit Wochen wird die katholische Kirche in Deutschland von zahlreichen Missbrauchsskandalen erschüttert. Nach dem Bekanntwerden von Missbrauchsfällen im jesuitischen Berliner Canisius-Kolleg haben sich weit über 100 Opfer gemeldet.