Gesundheitsminister Rösler hat sein Amt an die Einführung einer Gesundheitsprämie geknüpft. Was muss die Kommission leisten?

Hamburg/Berlin. Acht Bundesminister haben sich quasi selbst beauftragt, das deutsche Gesundheitswesen auf den Prüfstand und vielleicht auf den Kopf zu stellen. Mission: Kopfpauschale. Das Kabinett hat die Kommission "zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung des Gesundheitswesens" unter Vorsitz von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) berufen. Mit dabei sind Ilse Aigner (Verbraucherschutz, CSU), Rainer Brüderle (Wirtschaft, FDP), Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Justiz, FDP), Ursula von der Leyen (Arbeit, CDU), Thomas de Maizière (Innen, CDU), Wolfgang Schäuble (Finanzen, CDU) und Kristina Schröder (Familie, CDU). Auftakt der Beratungen ist am 17. März. Einen Zeitplan gibt es nicht. Erste Ergebnisse kommen im Juli.

Der Auftrag

Im Koalitionsvertrag ist festgelegt, dass die Beiträge zu den gesetzlichen Kassen weniger stark an das Einkommen der Versicherten gekoppelt werden sollen. Bislang zahlen Versicherte 7,9 Prozent vom Monatsbrutto, ihre Arbeitgeber 7,0 Prozent. Außerdem soll es regional unterschiedlich hohe Prämien geben. Der Beitrag des Arbeitgebers wird eingefroren. Für Privatversicherte ändert sich vorerst nichts.

Die Kopfpauschale

Gesundheit schnell nachgerechnet: 167 Milliarden Euro braucht man jährlich, um die Kosten für alle gesetzlich Versicherten zu tragen. 14 Milliarden Steuergelder fließen bereits, macht 153 Milliarden Euro. Geteilt durch 51 Millionen zahlende Kassen-Mitglieder, der Rest sind mitversicherte Partner oder Kinder. Das macht 3000 Euro pro Kopf im Jahr, 250 Euro im Monat (ohne 13. Gehalt). Davon müsste nach derzeitigem Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Schlüssel jeder Versicherte 140 Euro im Monat zahlen. Wer derzeit mehr zahlt, würde Glück haben. Wer zurzeit nur 100 Euro zahlt, müsste 40 Euro aus der Staatskasse dazubekommen. Denn: Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, die finanziellen Lasten müssten so verteilt werden, "dass Gesunde für Kranke, Junge für Alte, Stärkere für Schwächere einstehen".

Die Kosten

Rösler will einen sanften Einstieg und spricht von zehn Milliarden Euro zusätzlich. Deshalb würde eine Pauschale zunächst vermutlich weniger als 140 Euro betragen. Schäuble hat ausgerechnet, dass man zwischen 20 und 35 Milliarden Euro zusätzlich bräuchte.

Die Interessen

Röslers FDP will nach dem Kompromiss der Großen Koalition mit dem Gesundheitsfonds den Radikalumbau der Kassenfinanzierung. Er hat sein Amt mit dem Einstieg in die Pauschale verknüpft. Rösler muss zeigen, dass es funktioniert. Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU), der die Pauschale ablehnt, sitzt über seine Parteifreundin Aigner quasi mit am Kommissionstisch. Kippen Röslers Pläne, kann Söder zeigen, wie die Bayern in Berlin mitregieren - und schon mal den Karrieresprung an die Spree planen. Bundeskassenwart Schäuble muss eine weitere Verschuldung abwenden. Von ihm sind keine Zugeständnisse zu erwarten - es sei denn die Steuerschätzung im Frühjahr fällt positiv aus. Arbeitsministerin von der Leyen will für "ihre" Arbeitslosen in keinem Fall mehr Geld für die Gesundheit ausgeben. Auch Familienministerin Schröder wird Rösler genau auf die Finger schauen. Die Kindermitversicherung ist für sie nicht verhandelbar. Ihr Einflüsterer ist ihr Staatssekretär Josef Hecken. Der war zuletzt Chef des Bundesversicherungsamtes. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt kennt kein Pardon mit der Kommission: "Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Veränderungen müssen noch in diesem Jahr verabschiedet werden." Heißt: Die Wirtschaft verlangt den Einstieg in die Pauschale.