Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) befürchtet, dass das Geld häufig nicht bei den Kindern ankommt. Er ist damit auf FDP-Kurs.

Berlin/Stockholm. Das Betreuungsgeld, das Eltern von 2013 an erhalten sollen, wenn sie Kleinkinder zu Hause betreuen, entzweit die schwarz-gelbe Koalition zunehmend. Während die FDP das Betreuungsgeld grundsätzlich in Form von Gutscheinen ausgeben will, verlangt die Union die Auszahlung in bar und will nur ausnahmsweise Gutscheine verteilen. So sieht es auch der Koalitionsvertrag vor.

Doch nun stellen sich erste CDU-Politiker auf die Seite der FDP. Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) sagte dem Abendblatt: "Aus großstädtischer Sicht habe ich die Erfahrung gemacht, dass Geld häufig nicht bei den Kindern ankommt, sondern für andere Zwecke verwendet wird, für was auch immer. Nur Gutscheine sichern, dass das Geld die Kinder erreicht."

Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) äußerte sich ähnlich. Sie erklärte: "Die Diskussion zeigt, dass das Konzept noch nicht stimmig ist. Wir wollen Erziehung zu Hause fördern, aber mich stört noch, dass das Betreuungsgeld nur dann gezahlt werden soll, wenn ein Kind nicht in die Kita geht." Gerade für sozial benachteiligte Kinder seien die Kita und das Spielen und Lernen mit Gleichaltrigen eine Starthilfe. "Deshalb sollten wir in den nächsten drei Jahren diskutieren, wie wir das gut lösen. Der Koalitionsvertrag bietet dazu sowohl die Option Geld als auch Gutscheine an. Ich persönlich halte eine Gutscheinlösung für nachdenkenswert."

Die neue Runde in dem seit Wochen anhaltenden Streit hatte sich an Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) entzündet. Sie hatte am Wochenende auf einem Landesparteitag der CDU in Mecklenburg-Vorpommern erklärt, sie sei dagegen, dass der Staat Familien vorschreibt, wie sie mit staatlichen Leistungen umzugehen hätten. Das war zunächst als Votum gegen die von der FDP geforderten Gutscheine interpretiert worden, was Merkel aber dementieren ließ.

Die Auseinandersetzung verschärfte sich, nachdem sich FDP-Vizechefin Cornelia Pieper daraufhin in "Bild" und der "Frankfurter Rundschau" klar gegen die Auszahlung und für die Gutscheine ausgesprochen hatte. Geld an die Familien auszuzahlen mindere die Chancengerechtigkeit, schaffe keine Anreize, Betreuungsangebote anzunehmen, und verstärke somit die soziale Selektion, so Piepers Argumentation.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) betonte daraufhin, "dass es vorrangig darum geht, das Geld in bar auszuzahlen". Gutscheine könne es dann in Ausnahmefällen geben, "wenn Eltern nicht mit Geld umgehen können". Die überwiegende Mehrzahl der Eltern könne aber mit Geld umgehen.

CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich äußerte sich ähnlich. Beim Betreuungsgeld gehe es um eine Anerkennung für Familien. Es entspreche dem christlich-liberalen Menschenbild seiner Partei, die Eigenverantwortung der Eltern in den Vordergrund zu stellen und sie nicht zu entmündigen. Bargeld sei deshalb der "richtige Weg". "Wenn wir am Ende in Ausnahmefällen auch noch Gutscheinlösungen haben, dann ist das ein denkbarer Kompromiss", sagte er. FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger mahnte unterdessen zu Ruhe in der Debatte. Bis 2013 sei noch ausreichend Zeit, um ein Gesetz zu erstellen. Der Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) hatte zuletzt in drastischen Worten spekuliert, dass Eltern mit niedrigem Einkommen das Betreuungsgeld für Alkohol oder Zigaretten ausgeben könnten.

Ermittlungen wegen Beleidigung oder Volksverhetzung gegen Buschkowsky stellte die Staatsanwaltschaft Berlin gestern ein. Die Äußerungen seien von der Meinungsfreiheit gedeckt.