Norddeutsche Ministerpräsidenten sind erbost über Horst Seehofer. Es geht um Zahlungen an finanzschwächere Bundesländer.

Berlin/Hamburg. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat das Prinzip der Ausgleichszahlungen von reichen an finanzschwächere Bundesländer infrage gestellt und damit Kritik bei Kollegen finanzschwacher Länder ausgelöst. Stein des Anstoßes ist ein Gastbeitrag des bayerischen Ministerpräsidenten für die "Bild am Sonntag", in dem er schrieb: "Solidarität und Eigenverantwortung müssen eine gesunde Balance halten. Diese Balance ist beim Länderfinanzausgleich in Gefahr."

Seehofer führte an, dass Bayern von den voraussichtlich sieben Milliarden Euro, die 2009 an ärmere Länder überwiesen werden müssen, mit drei Milliarden Euro "den Löwenanteil" schultern müsse. Das sei "fast ein Zehntel des bayerischen Haushalts", wie der CSU-Vorsitzende betonte. Trotz klammer Kassen leisteten sich aber einige Nehmerländer "eine Reihe staatlicher Wohltaten", die es selbst in den Geberländern nicht gebe. Seehofer nannte beispielhaft den Verzicht auf Studiengebühren oder die Einführung kostenloser Kindergartenjahre.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (CSU) warf Seehofer daraufhin "gefährliche Stimmungsmache" vor. "Das Aufkündigen der Solidarität in Deutschland bekommt einen Namen: CSU", sagte er dem Hamburger Abendblatt. "Erst Ramsauer, dann Seehofer, das hat offenbar Methode", so Sellering weiter.

Der Regierungschef spielte damit auf die von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) Anfang November ausgelöste Ost-West-Debatte an. Ramsauer hatte gesagt, dass es in den westdeutschen Ländern im Gegensatz zum Osten einen erheblichen Modernisierungsbedarf gebe, dem mit einer Art Aufbauprogramm West begegnet werden müsse. "Das ist gefährliche Stimmungsmache aus einem Land, das selbst fast 40 Jahre Solidarität erfahren hat und heute nur dank der vielen Milliarden aus dem übrigen Deutschland so gut dasteht", sagte Sellering dem Abendblatt. "Wir brauchen weiter einen Ausgleich zwischen den wirtschaftlich starken und den schwächeren Bundesländern."

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) will sich von Seehofer nicht vorschreiben lassen, wofür sein Land Mittel aus dem Länderfinanzausgleich verwendet. "Er würde sich umgekehrt auch nicht sagen lassen, was er im eigenen Bundesland tut - das gilt auch für uns", sagte Carstensen dem Abendblatt. Seine Forderung: "Die Bayern sollten nicht immer so laut sein."

Unterstützung für Seehofer kam von Hamburgs Finanzsenator Michael Freytag (CDU). "Die Stabilität der Lebensverhältnisse in Deutschland ist ein hohes Gut, darf aber nicht dazu führen, dass es sich Nehmerländer in der Hängematte des Länderfinanzausgleichs bequem machen", sagte er dem Abendblatt. Es sei nicht hinzunehmen, "wenn Nehmerländer sich mit fremden Federn schmücken und bei der positiven Darstellung ihrer Haushalte verschweigen, dass sie am Tropf des Bundes und der zahlenden Länder hängen". Zudem sei es für Geberländer "schwer erträglich", wenn sich zum Beispiel das Nehmerland Berlin mit jährlichen Milliardenzuschüssen von Bund und Geberländern rühme, einen ausgeglichenen Haushalt zu haben. Hamburg werde sich deshalb "nicht verweigern", wenn der Länderfinanzausgleich wie von Seehofer angeregt auf den Prüfstand komme, so Freytag.

Die Hansestadt zählt neben Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen zu den Geberländern.