Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer stellt den Länderfinanzausgleich infrage. Schwerins Regierungschef Erwin Sellering reagiert empört

Hamburg. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) hat dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) nach dessen Kritik am Länderfinanzausgleich „gefährliche Stimmungsmache“ vorgeworfen. „Das Aufkündigen der Solidarität in Deutschland bekommt einen Namen: CSU“, sagte Sellering dem „Hamburger Abendblatt“ (Montagsausgabe). „Erst Ramsauer, dann Seehofer, das hat offenbar Methode. Das ist gefährliche Stimmungsmache aus einem Land, das selbst fast 40 Jahre Solidarität erfahren hat und heute nur dank der vielen Milliarden aus dem übrigen Deutschland so gut dasteht“, sagte der Ministerpräsident. „Wir brauchen weiter einen Ausgleich zwischen den wirtschaftlich starken und den schwächeren Bundesländern", forderte Sellering.

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte zuvor den Länderfinanzausgleich in Frage gestellt. Nach seiner Ansicht ist die Balance von Solidarität und Eigenverantwortung in Gefahr, schrieb Seehofer in einem Gastbeitrag für „Bild am Sonntag“. Trotz grundsätzlicher Zustimmung hält der designierte baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) eine Änderung jedoch erst in zehn Jahren für möglich. 2009 werde es nur noch drei Geberländer geben – Bayern, Hessen und Baden-Württemberg, schrieb Seehofer. Diese überwiesen voraussichtlich sieben Milliarden Euro an die restlichen 13 Länder. Bayern schultere mit weit über drei Milliarden Euro den Löwenanteil – die Summe entspreche fast einem Zehntel des bayerischen Haushalts.

Mappus schloss sich Seehofers Kritik grundsätzlich an. „Ich habe seit jeher den Länderfinanzausgleich als leistungsfeindlich empfunden“, sagte der neu gewählte Parteivorsitzende der Südwest-CDU. Allerdings gelte die Abmachung, dass man den Länderfinanzausgleich neu regelt, wenn er in zehn Jahren auslaufe, sagte Mappus. „Ich bin immer der Meinung, dass das, was vereinbart wurde, auch eingehalten werden muss. Deshalb sehe ich derzeit keine Chance auf Änderung. Dass das in Baden-Württemberg nicht so ganz leicht zu erklären ist, ist selbstredend.“

Seehofer äußerte sich verärgert über die Verwendung der Mittel aus dem Länderfinanzausgleich. Einige Nehmerländer leisteten sich trotz klammer Kassen eine Reihe staatlicher Wohltaten, die es in Bayern, Hessen und Baden-Württemberg so nicht gebe – vom kostenfreien Kindergartenjahr bis zum Verzicht auf Studiengebühren. Die Vize-Vorsitzende der Linke-Fraktion im Bundestag, Gesine Lötzsch, sagte: „Für Seehofer ist jetzt das ganze Jahr Oktoberfest. Seine unberechenbaren Rundumschläge zeigen, dass der bayerische Ministerpräsident in seiner eigenen Partei um das Überleben kämpfen muss.“ Ihr Fraktionskollege Klaus Ernst hielt Seehofer vor: „Ausgerechnet Bayern ist ja nach dem Krieg durch die Solidarität der anderen Länder stark geworden.“