Er war einst der Ministerpräsident. Jetzt wollte Oskar Lafontaine im Saarland auf die Regierungserklärung von Peter Müller antworten.

Berlin. Der Vorsitzende der Linkspartei, Oskar Lafontaine, hat Prostatakrebs. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur dpa in Berlin am Mittwoch. Der 66-Jährige hatte am Dienstag allgemein mitgeteilt, dass er an Krebs erkrankt sei und bereits an diesem Donnerstag operiert werde. Die Partei hoffe nun, dass der Eingriff gut verläuft, sagte ein Sprecher.

Unterdessen hat Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) sein Bundesland angesichts der Folgen der Wirtschaftskrise auf schwere Jahre eingeschworen. Unter großem Medieninteresse betrat auch Oskar Lafontaine das Parlament. Der Vorsitzende der Linksfraktion im Landtag hatte am Vortag seine Krebserkrankung bekannt gemacht. Neben SPD-Fraktionschef Heiko Maas wollte auch Lafontaine auf die Rede des Ministerpräsidenten antworten.

Müller warnte in seiner ersten Regierungserklärung für die neue schwarz-gelb-grüne Jamaika-Koalition davor, die Krise bereits für überwunden zu halten. „Wir haben allenfalls die Talsohle erreicht“, sagte der CDU-Politiker. Müller war vor einer Woche mit den Stimmen von CDU, FDP und Grünen zum dritten Mal seit 1999 zum Regierungschef des kleinsten Flächenlandes der Republik gewählt worden. „Viele Auswirkungen der Krise werden erst in den kommenden Wochen und Monaten ihre volle Wirksamkeit entfalten“, sagte Müller in Hinblick auf die Situation am Arbeitsmarkt. Schwerpunkt der Arbeit der neuen Regierung sei neben der Bekämpfung der Krisenfolgen vor allem die Bildungspolitik.

Dass Lafontaine Krebs hat und am Donnerstag operiert werden muss, gab er am Dienstag bekannt. „Nach überstandener Operation werde ich zu Beginn des neuen Jahres unter Berücksichtigung meines Gesundheitszustandes und der ärztlichen Prognosen darüber entscheiden, in welcher Form ich meine politische Arbeit weiterführe“, heißt es in seiner Erklärung.

Der Bundesgeschäftsführer der Linken, Dietmar Bartsch, rechnet damit, dass Lafontaine nach überstandener Krebserkrankung „Anfang 2010“ seine Ämter in der Partei und sein Bundestagsmandat wieder aufnehmen wird. Bartsch sagte der „Ostsee-Zeitung“: „Wenn Oskar Lafontaine wieder da sein wird, werden wir miteinander reden und alles Weitere entscheiden.“ Einen Zusammenhang zwischen dem Verzicht auf den Fraktionsvorsitz im Bundestag Anfang Oktober und der jetzigen Krebserkrankung schloss Bartsch aus.

Der thüringische Linken-Fraktionschef Bodo Ramelow hat seine Partei aufgerufen, sich im kommenden Jahr gezielt auf die Zeit nach einem Ausscheiden von Lafontaine vorzubereiten. „Es muss ohne Lafontaine gehen“, sagte Ramelow der „Leipziger Volkszeitung“. Das habe nichts mit der Krebserkrankung des Parteichefs zu tun. „Bei einem Lebensalter von 66 Richtung 67 bei Lafontaine muss man sich auf den Wechsel vorbereiten“, sagte Ramelow. 2011 müsse das Programm der Linkspartei als gesamtdeutsche Partei stehen.

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi, geht von einer Rückkehr Lafontaines in die Politik aus. Gysi sagte dem „Berliner Kurier“: „Ich wünsche meinem Freund Oskar alles Gute, und ich bin zuversichtlich, dass er wieder gesund wird und mit aller Kraft zu uns zurückkehren wird.“

Genesungswünsche kamen auch vom politischen Gegner. Saarlands SPD-Chef Heiko Maas sagte der „B.Z.“: „Ich wünsche Oskar Lafontaine eine schnelle Genesung und einen guten Verlauf der bevorstehenden Operation.“ Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs erklärte: „Ich wünsche ihm als gläubiger Katholik, dass es ihm bald besser geht, und dass er die schwierige Situation, in der er sich befindet, gut übersteht“.

Der frühere SPD-Generalsekretär Klaus-Uwe Benneter sagte: „Bei allen politischen Gegensätzen ist das ein fürchterlicher Schlag im Leben eines Jeden. Deshalb hoffe und wünsche ich inständig, dass die Operation erfolgreich verläuft und Oskar Lafontaine sich schnellstens davon erholt.“

Lafontaine war nur wenige Wochen nach der Bundestagswahl überraschend vom Fraktionsvorsitz zurückgetreten und sah sich daraufhin dem Vorwurf der Wählertäuschung ausgesetzt. Diesen wies er als „absurd“ zurück. Der „Spiegel“ hatte behauptet, Lafontaines Rückzug habe private Gründe. Wegen einer angeblichen Affäre mit der Parteilinken Sahra Wagenknecht solle seine Frau Druck auf ihn ausgeübt und seinen Rückzug aus Berlin gefordert haben. Die Linke hatte den Bericht heftig kritisiert. Mit seriösem Journalismus habe „die seit einiger Zeit betriebene Hass-Kampagne gegen Lafontaine nichts zu tun“, meinte der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion, Ulrich Maurer.

Lafontaine ist seit 2007 neben Lothar Bisky Vorsitzender der Linkspartei. Der Saarländer gilt als eine der schillerndsten Figuren in der deutschen Politik. Bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl 1990 trat er für die SPD als Kanzlerkandidat gegen Helmut Kohl an. Von 1995 bis 1999 war er SPD-Vorsitzender. Nach der Bundestagswahl 1998 wurde er Bundesfinanzminister.

Im März 1999 legte er überraschend alle politischen Ämter nieder. 2005 wechselte Lafontaine von der SPD zur neu gegründeten Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG), die 2005 ein Bündnis mit der PDS einging und sich Linkspartei.PDS nannte. (HA/dpa/AP)