Drei Wochen nach der Bundestagswahl ist die SPD weiter auf Talfahrt. Sie liegt jetzt nur noch bei 20 Prozent. Das ergibt sich aus der jüngsten Umfrage, die das Forsa-Institut für “Stern“ und RTL gemacht hat. Und wer ist schuld daran? Oskar Lafontaine.

Berlin. Sagt Franz Müntefering. Der scheidende Parteivorsitzende ist der Ansicht, dass die PDS keine Chance gehabt hätte, in den alten Bundesländern aufzutrumpfen, wenn der einstige Genosse diesen Erfolg nicht organisiert hätte. Lafontaine habe die linke Mitte in Deutschland "aus niederen persönlichen Motiven" beschädigt: "Da ist viel an Wählerschaft abgezogen, was wir nicht mit vergleichbar populistischen Antworten hätten halten können."

Nachlesen kann man das in der aktuellen Ausgabe der "Zeit". Das Eingeständnis persönlicher Fehler kommt da allerdings nicht vor. "Demonstrative Selbstkasteiung", sagt der 69-Jährige, gehe ihm "gegen den Strich".

Allerdings könnte man doch meinen, dass es für Franz Müntefering einigen Anlass zur Selbstkritik gäbe. Immerhin sitzt der Sauerländer seit fast zwanzig Jahren ununterbrochen an den Hebeln der Partei-Macht. Müntefering war Parlamentarischer Geschäftsführer, SPD-Bundesgeschäftsführer und SPD-Generalsekretär, er war Bundesminister, Vorsitzender der SPD-Bundestagfraktion und schließlich SPD-Bundesvorsitzender. Wer zwei Jahrzehnte lang die höchsten Parteiämter inne gehabt hat, kann die Verantwortung für den Zustand der SPD eigentlich nicht von sich weisen. Sollte man meinen. Franz Müntefering gibt im "Zeit"-Interview stattdessen denen noch eins mit, die jetzt die Macht in der Partei anstreben. "Armselig", befindet er da, sei die Geschwindigkeit, mit der "mancher" Signale an Oskar Lafontaine aussende, "dass man miteinander könnte"...

Mitte November, auf dem Dresdner Parteitag, soll die neue SPD-Spitze installiert werden. Dort wollen die Sozialdemokraten ihren Anspruch, linke

Volkspartei zu sein, neu begründen. Der scheidende Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat seine Partei bereits vor dem "Rückfall auf ein bloß alimentierendes Verständnis von Sozialpolitik" gewarnt. Damit werde die SPD keine Kompetenz zurückgewinnen.

Tatsächlich ist man im SPD-Parteivorstand gerade damit beschäftigt, Korrekturen an der unter Bundeskanzler Gerhard Schröder entwickelten Agenda 2010 auszuarbeiten. Sie betreffen unter anderem die Rente mit 67, das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) und die Bezahlung der Zeitarbeit. Aus Steinbrücks Sicht ist das der völlig falsche Ansatz, und das hat der Hamburger seinen Genossen nach der dramatisch verlorenen Bundestagswahl auch klipp und klar gesagt. Die Krise der SPD, so Steinbrück, sei "zuallererst eine Führungskrise und eine Krise der Organisation".

Unbeeindruckt arbeitet die neue Führung - sie besteht aus dem designierten Parteichef Sigmar Gabriel und seinen Stellvertretern Olaf Scholz, Manuela Schwesig und Hannelore Kraft, dem neuen Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier und der designierten Generalsekretärin Andrea Nahles - am neuen Kurs der SPD. Ein entsprechender Leitantrag soll am 26. Oktober im Parteivorstand beraten und später in Dresden verabschiedet werden.