Würzburg. Bei 100 Millionen Euro zu wenig in der Kasse am Ende eines Jahres würden viele nervös. Für Alexander Gunkel ist das ein "gutes Ergebnis". Denn der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Rentenversicherung, der das Arbeitgeberlager vertritt, sitzt mit allen Beitragszahlern und Rentnern auf einer Nachhaltigkeitsrücklage von 15,9 Milliarden Euro. Das ist fast so viel wie die Rentenversicherung jeden Monat auszahlt.

Und diese Zahl ist im deutschen Sozialversicherungssystem eine magische. Sie stieg in den vergangenen Jahren trotz oder wegen der Rentenreformen und mit dem Rückenwind der Konjunktur. Bei einem Eineinhalbfachen der Monatsausgabe wären sogar Beitragssenkungen möglich. Doch dass Deutschlands Arbeitnehmer in Zukunft weniger als 19,9 Prozent vom Monatsbrutto an die Rentenversicherung zahlen, ist nicht absehbar. Im Gegenteil: Wegen der Wirtschaftskrise schmilzt die Renten-Rücklage dahin. Gunkel rechnet vor, dass sie 2011 nur noch zwölf Milliarden beträgt, sich erst 2013 wieder auf den heutigen Stand erholt hat.

Immerhin lassen sich die Beiträge bis zum Jahr 2020 stabil halten, kalkuliert die Rentenversicherung. Das freut Arbeiter, Angestellte und Unternehmer. Auch das Rentenniveau soll bis 2020 nicht unter 46 Prozent vom letzten Gehalt sinken.

Mit zweimaligen Eingriffen in die Rentenformel sowie der Garantie, dass die Rente nicht sinken kann, hat die Große Koalition die Rentenversicherung und die Rentner unter Druck gesetzt. Plötzlich fielen die Bezüge der Ruheständler höher aus als geplant und drücken damit künftige Steigerungen.

Wann immer die Schutzklausel greift, muss im nächsten Jahr von einer eigentlichen Erhöhung wieder etwas abgezwackt werden. Mindestens zwei Nullrunden bei den Renten 2010 und 2011 sind die Folge. Arbeitgebervertreter Gunkel gibt sich orthodox und fordert von der Politik: "Wir erwarten, dass die Dämpfung nachgeholt wird. So wie sich die Löhne entwickeln, sollen sich auch die Renten entwickeln." Von einem neuerlichen Schutzschirm für Rentner hält er nichts. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Hans Heinrich Driftmann hat die neue Bundesregierung sogar zu einer Rücknahme der Rentengarantie aufgefordert. Die Garantie der Altersbezüge trotz sinkender Löhne koste Milliarden und werde die Rentenkasse über Jahre belasten. Es gehe auch um den Ausgleich zwischen Jung und Alt. Die Gewerkschaftsvertreterin in der Rentenversicherung, Annelie Buntenbach (DGB-Vorstandsmitglied), forderte von der neuen Bundesregierung, den Nachhaltigkeitsfaktor in der Rentenformel ganz zu streichen. Er sorgt dafür, dass die Rente nicht so hoch steigt, wie sie steigen könnte, weil das Zahlenverhältnis von Einzahlern und Rentnern berücksichtigt wird. Buntenbach befürchtet, dass die Folgen der Rentengarantie und des zweimaligen politischen Nachbesserns bei der Rente zu einem "Minuskonto" bei den Rentnern führen. Damit würden sie "über viele Jahre" von der Einkommens-entwicklung abgekoppelt. Im Gegenzug, sagte Buntenbach, würde sie eine Erhöhung der Bei-träge auf über 20 Prozent befürworten.