Konsens gibt es auch beim Bürokratieabbau. Die Steuersenkungen sollen auf 15 Milliarden Euro begrenzt werden.

Berlin. Nach einer Woche Koalitionsverhandlungen in den Arbeitsgruppen zeichnet sich in der Steuerpolitik bereits eine Einigung ab, auch im Verbraucherschutz, in der Kernenergiefrage und dem Bürokratieabbau sind sich die Verhandlungspartner von Union und FDP nähergekommen. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte, die Gespräche seien jetzt in einer "entscheidenden Phase". Morgen soll es wieder ein Gespräch der Spitzenrunde geben, am Wochenende steht dann eine Klausurtagung auf dem Programm. CSU-Chef Horst Seehofer hofft dann sogar bereits auf einen Abschluss. "Das wäre der Idealfall", sagte er.

Das Abendblatt nennt wichtige Zwischenergebnisse nach einer Woche Verhandlungen:

Verbraucherschutz:

Union und FDP wollen die Rechte der Verbraucher stärken. Das Verbraucher-Informationsgesetz soll nach dem Willen von Schwarz-Gelb nicht nur für Lebensmittel und Bedarfsgegenstände wie Kosmetika gelten, sondern möglichst auf alle Produkte und Dienstleistungen ausgeweitet werden. Darauf einigten sich die Fachpolitiker nach Teilnehmerangaben gestern. CDU, CSU und FDP wollen auch Käseimitate und Mogelschinken besser aufdecken.

Die Verbraucher sollen nach den vorläufigen Plänen möglichst in deutscher Sprache über Produkte informiert werden. Zudem soll der Anlegerschutz über die bessere Qualifikation von Finanzberatern verstärkt werden. Noch keine Einigung gibt es in der Frage, ob Bahnkunden früher entschädigt werden sollen als derzeit.


Finanzen:

In den Koalitionsverhandlungen zeichnet sich nach Angaben des bayerischen Finanzministers Georg Fahrenschon (CSU) eine Einigung beim Thema Steuersenkungen ab. Im Moment seien Entlastungen von mehr als 15 Milliarden Euro "angesichts der Situation in den öffentlichen Kassen nicht darstellbar", sagte Fahrenschon am Montag dem Bayerischen Rundfunk. "Bei den Liberalen hat sich jetzt diese Realität auch eingestellt. Deshalb können wir jetzt gemeinsam diesen Weg beschreiten." Während die Union Steuersenkungen in Höhe von 15 Milliarden Euro in Aussicht gestellt hatte, hatte die FDP ursprünglich Entlastungen von bis zu 35 Milliarden Euro gefordert.

Bürokratieabbau:

Union und FDP wollen Unternehmen von lästigen Bürokratie-Pflichten befreien und um Milliardenbeträge entlasten. Die Bürokratie-Kosten für die Wirtschaft sollen bis 2011 um "netto 25 Prozent" reduziert werden. Auf dieses Ziel, das auch die bisherige Große Koalition angepeilt hatte, soll sich die Koalitionsarbeitsgruppe Wirtschaft gestern verständigt haben. Die künftige schwarz-gelbe Regierung will vor allem das Bau- und Planungsrecht vereinfachen. Die Koalition werde einen umfangreichen Maßnahmenkatalog vorlegen, der "sehr seriös" durchgerechnete Entlastungen enthalte, hieß es in FDP- und Unions-Kreisen. Im Wettbewerbsrecht haben sich die Experten von Union und FDP noch nicht festgelegt. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sagte, es gebe verschiedene Entwürfe, aber noch keine Beschlüsse. Die "Financial Times Deutschland" hatte berichtet, die Wirtschaftsflügel von Union und FDP hätten bereits vereinbart, für mehr Wettbewerb große Unternehmen notfalls zu zerschlagen.

Atompolitik:

In der künftigen Koalition läuft anscheinend doch alles auf eine zeitlich unbegrenzte Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke hinaus. Dem Vernehmen nach soll zunächst ein umfassendes Energiekonzept erarbeitet werden, was den Angaben zufolge bis ins nächste Jahr hinein dauern dürfte. An die einzelnen Atommeiler sollen strengste Sicherheitsstandards angelegt werden. Heute wird eine Unter-Arbeitsgruppe von Umwelt- und Wirtschaftspolitikern darüber beraten. Sie soll die Weichen stellen für die große Verhandlungskommission, die morgen und am kommenden Wochenende tagt.

EU-Beitritt der Türkei:

Zwischen den Verhandlungspartnern ist ein Streit über den EU-Beitritt der Türkei ausgebrochen. Wie der "Münchner Merkur" unter Berufung auf Unionskreise berichtet, dringt CSU-Chef Horst Seehofer darauf, im Koalitionsvertrag einer Vollmitgliedschaft der Türkei eine strikte Absage zu erteilen. Der FDP-Vorsitzende und designierte Außenminister Guido Westerwelle lehne hingegen jede Festlegung im Koalitionsvertrag ab, weil sich diese Frage in den nächsten vier Jahren nicht stelle.